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Es müsste also noch etwas hinzukommen, was dem Willen
des Beamten eine entsprechende höhere Bedeutung für das Rechts-
geschäft verleihe, als die ihm jener Verfassungsrechtssatz gewährt.
Damit er als wahre vertragsschliessende Partei angesehen werden
könnte, müsste der Staat, nach 'LAsanv’s treffendem Ausdruck,
dem Einzelnen „bei Begründung des Verhältnisses einen Antheil,
ein Mitwirkungsrecht einräumen“ 5%). Ein Grund, von welchem
eine derartige Einräumung ausginge, ist aber auf dem ganzen
Boden des öffentlichen Rechtes nicht zu finden. Es soll doch
nicht etwa die Regierung selbst, bevor sie ernennt, erst noch
das Mitwirkungsrecht einräumen, um dann mit den Emannten
einen richtigen Vertrag abschliessen zu können, anstatt wie sie
vermöchte, das Rechtsverhältniss nach seiner Unterwerfung aus
eigener Zuständigkeit zu begründen? Ein Gesetz, welches dem
Willen des Beamten irgend welche positive Bedeutung verliehe,
besteht nicht.
Ist es überhaupt denkbar, dass ein Gesetz ein solches Mit-
wirkungsrecht verliehe? Die Frage istnicht neu. Es wurde bereits
von verschiedenen Seiten der Satz aufgestellt, dass wahre Verträge
zwischen dem Staat und den Unterthanen auf dem Gebiete des
Inhaberpapiere $ 81, wegen der Betonung der Verwandtschaft des ein-
seitigen civilrechtlichen Rechtsgeschäftes mit dem öffentlichen Rechtsge-
schäfte. Er stellt zuerst fest, dass auch das einseitige Rechtsgeschäft zu
seiner Wirksamkeit das Dasein zweier zusammentreffender Willen voraus-
setzt. „Der civilistische Grund des Unterschiedes aber“, fährt er fort,
„liegt in der schöpferischen Bedeutsamkeit der zusammenwirkenden Willen:
der Lebensgrund des Aktes liegt in dem alleinigen Willen des Disponenten,
der Lebensgrund des Vertrages dagegen in dem Zusammenwirken des
beiderseitigen Willens. Dort liegt die Zeugungsmacht in dem einen, hier in
dem wechselseitigen Willen, dort ist es einseitige, hier gemeinsame Ur-
heberschaft ... Eine solche Stellung des Disponenten verleiht seinem Willen
eine ungewöhnliche Macht und lässt sie in dem Lichte autonomischer Sou-
veränetät erscheinen, wie dieselbe den civilistischen Rechtsbau fast zu zer-
brechen droht.“
7) Arch. f. öff. R. I, S. 159.