— 483 —
Die vorliegende Schrift, welche in dieser Richtung sich bewegt,
ist offenbar die Frucht ernsthafter und ausdauernder Gedankenarbeit
und geht in frischer wohlzusammenhängender Darstellungsweise ihren
Weg. Sie verdient deshalb nicht unbeachtet zu bleiben, wenngleich
ihre Ergebnisse wenig befriedigen.
Wir erhalten zunächst eine Schilderung der bisher in der staats-
rechtlichen Literatur vertretenen Meinungen über den Begriff Selbst-
verwaltung. Sie füllt nicht bloss den ganzen ersten Abschnitt (8. 4—56),
sondern ragt auch noch eine gutes Stück in den zweiten hinein
(S. 57—64). Es ist jedenfalls dankenswerth, dass man hier einmal
alles das, in ziemlich geschickter Gruppirung, übersichtlich zusammen-
gestellt bekommt. Wenn der Verfasser durch diesen verhältnissmässig
längsten Abschnitt zugleich den Wunsch in uns beleben wollte, dass
mit dem Begriff der Selbstverwaltung einmal Ordnung geschaffen
werde, so ist ihm auch dieses wohl gelungen.
Worin besteht aber nun der formale Begriff, welcher die Ab-
hülfe verspricht?
In dem Worte Selbstverwaltung, führt der Verfasser aus, liegt
ein Gegensatz angedeutet: es muss ein vom Staate verschiedenes, ihm
untergeordnetes Subjekt da sein, von welchem Verwaltung ausgeht,
und welches dabei solche Dinge selbst thut, die sonst der Staat thun
müsste (S. 67—69, 89). Aus zwei Elementen setzt sich also der
Begriff zusammen:
1. Ein Subjekt der Verwaltung muss es sein. Was ist Ver-
waltung? Das Wort bedeutet immer ein gewisses Beherrschen der
Aussenwelt, ein Walten; es umfasst im weitesten Sinne auch die
wirthschaftliche Thätigkeit des Einzelnen, im besonderen Sinne gilt
es von der Thätigkeit der Gesellungen, in noch engerem Sinne von
der der Zwangsverbände, im engsten „streng technischen“ Sinne be-
schränkt es sich auf die Thätigkeit zur Beseitigung der Hindernisse,
welche der Einzelwille dem Gemeinschaftszweck des Zwangsverbandes
entgegensetzt (S. 86). Subjekte einer Verwaltung im letzteren Sinne
sind im Staate nur die „Gemeinwesen“ der Gemeinden und der Berufs-
körperschaften (Handelskammern, Advocatenkammern u. Ss. w.).
2. Dazu muss als Zweites hinzutreten die Identität der Zwecke
dieser Verwaltung mit denen des Staates. Das fehlt bei den Berufs-
körperschaften, da dieselben gesellschaftliche Interessen auch gegen den
Staat zu vertreten haben (S. 92). Dagegen haben die Gemeinden
mit dem Staate gemeinsam den „politischen Gemeinschaftszweck“,