Die Einheitlichkeit des deutschen Heeres und die
Contingentsherrlichkeit.
Von
LABAND.
Dr. FRIEDR. BROCKHAUS, ord. Prof. der Rechte, das deutsche Heer
und die Contingente der Einzelstaaten. Eine staatsrechtliche
Abhandlung. Leipzig. F. A. Brocknaus. 1888. 8%, 223 8.
Die staatsrechtliche Natur des deutschen Heeres ist bekannt-
lich Gegenstand einer grossen Controverse, welche nicht nur mit
Lebhaftigkeit in theoretischen Erörterungen geführt wird, sondern
welche auch in der Praxis der Verwaltungsbehörden und selbst
in den Urtheilen der Gerichte Schwankungen und Widersprüche
hervorruft. Diese Oontroverse ist durch die unklare und wider-
spruchsvolle Fassung des XI., das Reichskriegswesen betreffenden
Abschnittes der Reichsverfassung verschuldet, ja man kann sagen,
mit Nothwendigkeit hervorgerufen worden. Art. 63 Abs. 1 be-
ginnt mit dem Satz, dass die gesammte Landmacht des Reichs
„ein einheitliches Heer“ bilden wird; die Verfassung braucht
wiederholt den Ausdruck „deutsches Heer“ (Art. 60, 61 Abs. 2,
62 Abs. 1, 63 Abs. 3, 63 Abs. 5), oder „Reichsheer“ (Art. 62
Abs, 3, 62 Abs. 4, 63 Abs. 4, 64 Abs. 3), sie unterstellt „die
gesammte Landmacht des Reichs in Krieg und Frieden dem
Befehle des Kaisers“ (Art. 63 Abs. 1) und erklärt „alle deutschen
Truppen“ für verpflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingte
Folge zu leisten (Art. 64 Abs. 1). Andererseits erwähnt die
Reichsverfassung in demselben Abschnitt Art. 63 Abs. 2 „die
Königlich Preussische Armee“, ebenso Art. 63 Abs. 5 „die
künftig ergehenden Anordnungen für die Preussische Armee“;
32*