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in legislativer Hinsicht. Da weiter die Bundesverfassung die
Führung der obersten Verwaltung des Heerwesens dem Kaiser,
beziehungsweise dem Bundesrathe zuspricht, so gibt es auch keine
Selbständigkeit der Contingente in administrativer Hinsicht.“
Dieser Satz ist vollkommen richtig und doch zugleich voll-
kommen irreführend. Denn es wird hier ein Begriff eingeschoben,
aber nicht erörtert, von dessen richtigem Verständniss Alles ab-
hängt. Die Contingente haben keine Selbständigkeit weder
in legislativer noch in administrativer Hinsicht. Was heisst hier
„Selbständigkeit? Soll das Wort „Unabhängigkeit“, „Unbe-
schränktheit*, „das Recht freier Selbstbestimmung“ bedeuten, so
ist der Satz richtig, aber er gilt von den Bundesstaaten nicht
bloss hinsichtlich des Heerwesens, sondern hinsichtlich aller An-
gelegenheiten ohne Ausnahme, auf welche sich die Competenz
des Reiches erstreckt. Aus der mangelnden Selbständigkeit
der Contingente lässt sich daher für die Lösung des in Frage
stehenden Problems absolut Nichts entnehmen; auch hinsichtlich
der ordentlichen Gerichte, der Zollämter, der Münzstätten, der
Privatnotenbanken u. s. w. ermangelt den Einzelstaaten die Selb-
ständigkeit in legislativer und administrativer Hinsicht und doch
wird man nicht behaupten, dass alle diese Behörden und An-
stalten nur Gliederungen einer einheitlichen und untheilbaren
Reichsanstalt sind. In den späteren Erörterungen des Verfassers
wird äber der Mangel der Selbständigkeit in ganz anderem Sinne
verstanden; es wird daraus hergeleitet, dass die Contingente über-
haupt keine andere Existenz haben als durch Abgliederung aus
dem Reichsheer, dass das letztere also nicht aus einer verfassungs-
rechtlichen Zusammenfassung der Contingente hervorgehen, sondern
umgekehrt die Oontingente nur aus sich erzeugen kann. Dies
aber wird durch die Gesetzgebungs- und Verordnungsgewalt des
Reiches, wie BROCKHAUS selbst anerkennen muss, in keiner Weise
begründet.
Auch die Erörterungen über den Militäretat beginnt BRock-
HAUS (S. 21) mit der völlig zutreffenden Bemerkung, dass die
Vorschriften der Reichsverfassung über den Militäretat auf unsere
Frage nach der juristischen Natur des deutschen Heeres dieselbe
(— nämlich keine —) Antwort geben und aus denselben Gründen