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d.i. der Ausführung einer kaiserlichen Anordnung. Das Ersatz-
geschäft sei demnach zur Competenz des Kaisers gehörig und
damit gehöre auch die Anwendung der Vorschriften über die
Wehrfähigkeit auf die gestellungspflichtigen Personen zu den
Befugnissen des Kaisers.
Diese Deduction ermangelt der Schlüssigkeit. Der Kaiser hat
die Zahl der jährlich einzustellenden Rekruten zu bestimmen;
dass aber überhaupt eine Aushebung stattfindet, beruht nicht auf
einem Befehl des Kaisers, sondern auf dem Gesetz. Die Vertheilung
des Rekrutenbedarfs auf die Bundesstaaten ist ausdrücklich dem
Bundesraths - Ausschuss zugewiesen, also kein Verwaltungsact,
welchen lediglich der Kaiser vorzunehmen berechtigt ist. Die Ent-
scheidungen der Ersatzbehörden über die Qualifikation der einzelnen
Wehrpflichtigen stehen in keinem Zusammenhang mit der Zahl
der jährlich einzustellenden Rekruten, sie beziehen sich auch keines-
wegs bloss auf die Aushebung desjenigen Jahres, in welchem sie
erfolgen, und sie bringen keineswegs bloss die kaiserlichen Anord-
nungen über die zur Wehrfähigkeit nöthigen physischen Eigen
schaften zur Anwendung , sondern ebenso die gesetzlichen Vor-
schriften über die Unwürdigkeit zum Eintritt in das Heer und über
die Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse. Die Behauptung,
dass die Entscheidung der Ersatzbehörden lediglich Ausführung
einer kaiserlichen Anordnung sei und nur kraft kaiserlicher Dele-
gation erfolge, ist daher völlig unerwiesen und willkürlich; die
Ersatzbehörden werden nicht von den Einzelstaaten dem Kaiser
zur Verfügung gestellt, sondern sie sind Landesbehörden und
das Ersatzgeschäft gehört zur Kompetenz der Bundesstaaten.
Der Verfasser geht hierauf über zur „Sorge des Kaiserg für
die Herstellung und Erhaltung der Einheit des Heeres“ (8. 55).
In dieser Hinsicht bestimmt Art. 63 Abs. 5 der Reichsver-
fassung:
„Behufs Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der
A Aministration, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung
aller Truppentheile des deutschen Heeres sind die be-
züglichen künftig ergehenden Anordnungen für die Preus-
sische Armee den Kommandeuren der übrigen Con-
tingente, durch den Art. 8 No. 1 bezeichneten Aus-
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