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stehungsgeschichte dieser Bestimmung. Der ursprüngliche Preus-
sische Entwurf Art. 63 a. E. hatte im der That diese Unter-
scheidung nicht. Er schrieb den Bundesfürsten zu: „Das Recht
der Requisition zu polizeilichen Zwecken nicht bloss bei ihren
eigenen, sondern auch bei allen anderen Truppentheilen der
Bundesarmee, welche in ihren Ländergebieten dislocirt werden“
(HÄner, Studien I S. 275). Der aus den Berathungen der Com-
missare der Einzelstaaten hervorgegangene, dem constituirenden
Reichstag vorgelegte Entwurf hatte dagegen bereits diejenige For-
mulirung, die in die Verfassung übergegangen ist. Man sieht
also, dass auf diese Unterscheidung Werth gelegt worden ist.
Bei jeder civilrechtlichen Untersuchung würde man es mit
jedem Worte eines Gesetzestextes genau nehmen, bei staatsrecht-
lichen Erörterungen aber muss es sich die Verfassung selbst ge-
fallen lassen, dass die von ihr mit Vorbedacht aufgestellten Unter-
scheidungen für bedeutungslos erklärt werden, wenn sie einer
bestimmten politischen Anschauung und Tendenz nicht passen.
Die zweite Klasse sind die contingentsherrlichen Rechte;
in ihnen liegt der Schwerpunkt der Entscheidung; durch ihren
Inhalt ist es bedingt, ob die Contingentsherrlichkeit eine mit
gewissen Eihhrenrechten verbrämte, unselbständige Verwaltungs-
befugniss oder ein staatliches, wenngleich nicht souveränes, Hoheits-
recht ist. Zu diesen Rechten gehört zunächst die Befugniss, die
äusseren Abzeichen (Kokarde ete) der Contingente zu
bestimmen. Da es sich hierbei nur um Aeusserlichkeiten handelt,
so ist ein entscheidendes Gewicht darauf nicht zu legen; immer-
hin ist es nicht ohne Bedeutung, dass die näheren Ausführungen,
welche hierüber in den Militärconventionen enthalten sind, aus-
drücklich „Hoheitszeichen,“ Wappen, Landesfarben u. dgl. er-
wähnen. Von um so grösserer juristischer Bedeutung ist die
Frage, ob die Wehrpflicht eine Pflicht der Reichsangehörigen
gegen das Reich oder der Staatsangehörigen gegen den Heimaths-
staat ist, ob der Miltärdienst dem Landesherrn oder dem Kaiser
geleistet wird. Ganz abzulehnen ist die Anschauung, als ob durch
die Beantwortung dieser Frage die unmittelbare Verpflichtung
der nichtpreussischen Contingente zum Gehorsam gegen den
Kaiser irgend wie berührt würde. Die deutschen Laandesherren