Das Preussische- und das Reichs-Budgetrecht.
Von
AD. ARNDT.
Kein Gebiet des Staatsrechts ist so leidenschaftlich um-
stritten wie das Budgetrecht und es gab kaum einen schwereren
Verfassungsconflikt, bei welchem nicht die Budgetfrage im Mittel-
punkte des Kampfes stand. Zwei Ansichten sind sich gegenüber-
gestellt, so nachhaltig vertheidigt und angegriffen, dass eine Ver-
einigung auf die erste Betrachtung hin unmöglich erscheint. In-
dess spricht gerade die Heftigkeit des Streites dafür, dass keine
Ansicht die unbedingt richtige, keine die unbedingt falsche ist.
Denn da sich die vorzüglichsten Schriftsteller mit diesem Gegen-
stande beschäftigt haben, so ist zu vermuthen, dass die Vertreter
der einen Ansicht, wenn diese nach allen Seiten der Wirklichkeit
entsprechen würde, die Vertreter der anderen endlich zu sich
herübergezogen hätten. Dies ist aber nicht geschehen.
Die eine Ansicht erblickt in dem Etatsgesetz die alleinige
Vollmacht der Staatsregierung, Verfügungen über die Staats-
mittel zu treffen, Einnahmen irgend welcher Art zu erheben,
Ausgaben irgend welcher Art zu leisten. Die andere Ansicht
erblickt in dem Etatsgesetze nur insoweit die Vollmacht der
Staatsregierung zur Verfügung über die Staatsmittel, als sich
diese Vollmacht nicht auf andere Gesetze zurückführen lässt.
Soweit solche Gesetze vorliegen, sei die Regierung auf Grund
derselben zur Verfügung über die Staatsmittel berechtigt, nur
wo sie fehlen, liefere das Etatsgesetz die rechtliche Grundlage
der Finanzverwaltung. Nach der ersten Ansicht darf die Staats-
regierung ohne ein Etatsgesetz auch nicht diejenigen Einnahmen