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Minister innerhalb der ihm gesetzlich zustehenden Befugnisse, so
berechtigt und verpflichtet er den Staat; handelt er ausserhalb
derselben, veräussert er z. B. ohne Königliche Genehmigung eine
Domäne des Staates, stellt er einen Rath vierter Klasse an, so
verpflichtet sein Handeln den Staat nicht, Der Dritte muss
und kann wissen, dass nur der König solche Staatsakte vorneh-
men kann.
In unzähligen Malen ist im absoluten wie im konstitutionellen
Staate Preussen Streit über die Auslegung und Ausführung der
vom Fiskus abgeschlossenen Rechtsgeschäfte, über Rechte und
Pflichten des Staates aus Zuständen oder aus Delikten seiner Be-
amten entstanden und zur gerichtlichen Entscheidung gebracht
worden; vergebens aber würde man in allen Entscheidungen der
Gerichtshöfe oder in den Akten der Verwaltungsbehörden den
Einwand suchen, das abgeschlossene Rechtsgeschäft oder der
erhobene Anspruch sei ganz oder theilweise ungültig oder nicht
einklagbar, weil dafür keine oder eine niedrigere Summe im Etat
ausgeworfen war. Nirgends sind die preussischen Richter be-
denkenreicher und vorsichtiger als auf dem Gebiete des Grund-
buchwesens, weil sie mit ihrem Vermögen für jedes Versehen
haften. Niemals aber hatte oder hat der Preussische Grund-
buchrichter geprüft oder zu prüfen für nothwendig erachtet, ob
die Erwerbung oder Veräusserung von Grundstücken innerhalb
der Etats liegt; dagegen hat er die gesetzlichen Erfordernisse des
Rechtsgeschäftes, insbesondere die Legitimation des fiskalischen
Vertreters auf das Genaueste geprüft. Ueber die letztere bestehen
besondere Vorschriften. Der Finanzminister kann, so bestimmt
das Rescript vom 4. April 1838, für den Fiskus Grundstücke ohne
Vorlegung der Allerhöchsten Ermächtigung kaufen. Bei Ankäufen
von Grundstücken genügt nach einer Kabinets-Ordre vom 21. Fe-
bruar 1844 ein von dem betrefienden Verwaltungschef in bewei-
sender Form genehmigter Kaufkontrakt# zur Berichtigung des
Besitztitels. Zu Veräusserung minderwerthiger Grundstücke,
welche aus herrenlosen Erbschaften an den Staat fallen, ist der
Justizminister befugt. Nirgends aber waren, noch sind Erwerb
oder Veräusserung dem Grundbuchrichter gegenüber abhängig
von der etatsmässigen Genehmigung, niemals prüfte oder prüft