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Rechnungskammer-Gesetzes vom 27. März 1872 gegebene Vor-
schrift: „Etats-Ueberschreitungen im Sinne des Artikels 104 der
Verfassungsurkunde sind alle Mehrausgaben, welche u. s. w.“
Es wird von Interesse sein hier auf die Erklärungen hinzuweisen,
welche am 17. Februar 1872 bei Berathung des Ober-Rechnungs-
kammer-Gesetzes der Finanzminister CAMPHAUSFN im Abgeordneten-
hause abgegeben hat:
„Der Irrthum (des von LAsKER verfassten Kommissions-
berichts) tritt am klarsten und unzweideutigsten hervor, wenn ich
mir gestatte, auf Seite 35 des Kommissionsberichts folgenden
Passus zu verlesen:
Es wurde jedoch auf den Art. 99 der Verfassungs-
urkunde verwiesen, welcher für die Einnahmen wie für
die Ausgaben die etatsmässige Bewilligung vorschreibt.
Das ist ja insofern richtig, insofern auf den Etat verfassungs-
mässig der Voranschlag der Einnahmen gebracht werden muss,
und der Landtag durch seine Zustimmung zu dem Etatsgesetze
diesen Voranschlag als einen richtigen anerkennt; in der strengeren
Auffassung des Wortes „Bewilligung“ ist aber dieser Satz un-
richtig; in Preussen werden die Einnahmen nicht be-
willigt, sondern die Einnahmen beruhen auf Gesetzen 't) und
finden unabhängig von der Etatbewilligung statt. Dann wird
aber fortgefahren:
Ist diese nicht vorher erfolgt, so müsse die Regierung
die Genehmigung nachholen, damit dem Verfassungsrecht
genügt werde,
Ich halte das nicht für richtig. Weiter:
Hiergegen spreche auch nicht die Praxis, denn die
Regierung unterbreite die ausseretatsmässigen Einnahmen
in der allgemeinen Rechnung der Genehmigung des
Landtages.
Das ist geradezu unrichtig; das ist seit Bestehen der
Verfassung niemals geschehen; man hat dabei an die
14) Der Satz, dass die Einnahmen sämmtlich auf Gesetzen beruhen, ist
augenscheinlich irrig und vom Minister später auf eine Bemerkung Laskkr’s
dahin ergänzt worden:
oder „Handlungen, die den Gesetzen entsprechen.“