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vermögen“ nur mit Zustimmung des Landtages rechtsgültig
veräussert werden kann, während in Ansehung anderer Vermögens-
objekte der Staatsregierung nach Aussen hin das freie Verfügungs-
recht zugestanden wird !°).
Diese Theorie kann als richtig richt anerkannt werden. Die
Preussische Verfassungs-Urkunde bestimmt in Art. 99, dass alle
Einnahmen und alle Ausgaben im Voraus veranschlagt und auf
den Staatshaushaltsetat gebracht werden müssen. Will man also,
wie dies geschehen ist, aus Art. 99 folgern, dass Rechtsgeschäfte
mit finanzieller Wirkung nur mit Zustimmung des Landtages
gültig abgeschlossen werden können, so ist nicht abzusehen, warum
diese Folgerung nur auf das Finanzvermögen bezogen werden
soll. Die Preussische Verfassung kennt keinen Unterschied zwischen
Finanz- oder Verwaltungsvermögen, noch etwa zwischen unbeweg-
lichen oder beweglichen Gegenständen, noch zwischen mehr- oder
minderwerthigen Einnahmen und Ausgaben; sie stellt jede Ein-
nahme und jede Ausgabe budgetrechtlich gleich, so dass man
entweder zu keinem oder zu jedem Veräusserungsakte die Zu-
stimmung des Landtages erforderlich halten muss. Zum „Ver-
mögen, welches nicht als Einnahmequelle dient,“ zum „Verwal-
tungsvermögen“ gehören Kasernen, Gerichts-Regierungs-Staats-
schul-Gebäude; diese alle sollte die Staatsregierung auf einmal
ohne Zustimmung der Landesvertretung verkaufen können! Ver-
äussert sie dagegen auch nur einen einzigen Ar eines Domänen-
oder Forstgrundstücks, verkauft oder vertauscht sie früher für
fiskalische Hütten-Salinen- oder Bergwerksbetriebe gebrauchte und
jetzt für diese entbehrlich gewordene Grundstücke, so könnte sie
dies rechtsgültig nur unter Zustimmung des Landtages thun! In
den Berathungen der Revisionskammern ist eine solche Unter-
scheidung zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen nicht ge-
macht worden. Die Verfassungsurkunde für das Königreich
Bayern vom 26. Mai 1818 schreibt besonders vor, welche Be-
16) Vgl. u. A. Ernst Meier über den Abschluss von Staatsverträgen
S. 61 a. a. O. in von Holtzendorff’s Rechtslexikon I S. 552; H. SCHULZE,
Das Staatsrecht des Königreichs Preussen in Marquardsens Handbuch S. 103
a. a. O.; G. Meyer, Staatsrecht S. 611; vom Rönne, Preuss. Staatsrecht
IV $ 427, und dagegen Lasanp, Preuss. Budgetrecht 8. 28. 29, 31.