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aber Niemand hinderte sie, dieses Gesetz wieder aufzuheben ; diese
Aufhebung geschah auch unter Friedrich Wilhelm III. und vor
Allem folgte aus dem Hausgesetze doch höchstens ein Recht für
die Agnaten, nicht ein Recht für den heutigen Landtag?®). Wenn
der Bericht ferner Werth darauf legt, dass durch das uneinge-
schränkte Verfügungsrecht der Krone über das Staatsvermögen
das Steuerbewilligungs- und Anleihebewilligungsrecht des Land-
tages beeinträchtigt werde, so hätte dieser Umstand doch höch-
stens für die Verfassung ein Motiv abgeben können, nach dem
Vorgange anderer Verfassungsurkunden gewisse Verfügungen über
die Substanz von der Zustimmung des Landtages abhängig zu
machen. Das Gleiche lässt sich auch gegen das aus Artikel 103
der Preussischen Verfassung (wonach Anleihen nur mit Geneh-
migung des Landtages abgeschlossen werden können) entnommene
Argument anführen: weil Veräusserungen die Aufnahme von An-
leihen ersetzen können, soll zu ersteren wie zu letzteren ein
Gesetz nöthig, solle eine Veräusserung wie eine Anleihe ohne
Zustimmung des Landtages null und nichtig sein?!). Wäre dies
Argument richtig, dann müsste man mit gleichem Rechte be-
haupten: Allzugrosse Sparsamkeit in der Verwaltung oder Reduk-
tion der Staatsausgaben oder Unterlassen kostspieliger Arbeiten
seien „null und nichtig“, weil sie die Regierung der Nothwendig-
keit überheben können, Anleihen aufzunehmen und zu diesem
Zwecke den Landtag zuzuziehen. Und wenn man mit HERRMANN
20) Die Aufhebung der Unveräusserlichkeit der Domänen erfolgte durch
Edict und Hausgesetz vom 17. Dezember 1808 „mit Zuziehung aller Prinzen
des Königlichen Hauses, — — mit Zuziehung der Stände in den Provinzen.“
Diese Zuziehung war indess kein Essentiale; denn das Hausgesetz bemerkt
ausdrücklich, dass der König schon „Kraft der Uns zustehenden landesherr-
lichen und souveränen Gewalt, befugt sein würde“, die Unveräusserlichkeit
aufzuheben. In Ansehung der seitdem an den preussischen Staat gefallenen
Domänen ist denn auch die Veräusserlichkeit ohne Zuziehung der Prinzen
und Stände ausgesprochen worden und gilt noch heute. Siehe Verordnung
vom 9. März 1819 Ges. S.-S. 73, Verordn. vom 17. Januar 1820 Ges.-S. 8. 9;
LABanD, Preuss. Budgetrecht S. 31; Turnau, Grundbuchordnung, 3. Aufl., II
S. 199 fi.
#1) Dieses auch im Plenum von Smson vorgeführte Argument findet
sich u. A. noch bei MEIER, Staatsverträge S. 58.