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bildet jenes Prinzip doch zweiffellos eines der Fundamente des
heutigen Staates und die Theorie ist keineswegs auf falscher
Bahn, wenn sie an ihm als der Regel festhält.
Dagegen gestaltet sich dieser Satz zu einer Art Verlegen-
heit für die Theorie des Verwaltungsrechtes durch die Verbindung,
in welche ihn die herrschende Lehre von der Verwaltungsrecht-
sprechung mit dem ihr zu Grunde liegenden äusseren Kriterium
des Rechtsstaates bringt, mit der Forderung, dass durch Organi-
sation einer Rechtsprechung über die Rechtsverletzungen seitens
der Verwaltung eine Garantie geschaffen werde für die unbedingte
Verwirklichung der Idee des Rechtsstaates. Gilt der Satz, dass
die Verwaltung nur auf Grund eines Rechtssatzes in die Sphäre
des Einzelnen eingreifen kann, so muss die Möglichkeit gegeben
sein, gegen jeden die gesetzlichen Schranken ignorirenden Eingriff
Abhilfe zu suchen, es muss also ein Organ da sein, dessen Auf-
gabe es ist, das verletzte Recht wieder herzustellen‘). Dabei
wird aber überwiegend nicht, wie GxEist will, an die Wahrung
der Rechtsordnung durch Gewähr des Einhaltens gleichen Masses
in jedem einzelnen Falle, sondern nach BäHrs Vorgang an den
Schutz subjectiver Rechte gedacht, welche durch den gesetz-
widrigen Act der Verwaltung verletzt erscheinen. Aufgabe der
Verwaltungsrechtsprechung ist die Feststellung subjectiyer Rechte;
die Verletzung eines subjectiven Rechtes durch einen Verwaltungs-
akt ist Voraussetzung der Verwaltungsklage®°).
nur „in Nothfällen* zulassen (vgl. v. Sarwey, Das öffentl. Recht u. d. Ver-
waltungsrechtspflege S. 401).
*) Die Frage, ob damit die Aufgabe der Verwaltungsrechtsprechung
erschöpfend dargelegt ist, kommt hier nicht weiter in Betracht, da es für
das Folgende nicht auf die Feststellung des Begriffes der Rechtsprechung
im Gebiete der Verwaltung ankommt und eben nur — um eine kurze Be-
zeichnung aus der französischen Rechtssprache herüberzunehmen — von
Verwaltungsrechtssachen a posteriori (actes du contentieux a. p.) gehandelt
werden wird.
6) Heute kann diese Auffassung für die herrschende erklärt werden;
eine Divergenz wird freilich auch hier durch die, wie es scheint nicht zu
beseitigende Frage hineingetragen, ob den Inhalt des Rechtes das Interesse
oder die Willensfreiheit bildet (vgl. z. B. einerseits: Bäur, Rechtsstaat S. 34 ff.;
v. SARWEY, Das öffentl. Recht u. die Verwaltungsrechtspflege S. 71 u. 112
und Allgem. Verw.-R. in Marquardsens Handb. S. 153; M. Seyper, Bayer.