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durch die Verwaltung preisgegeben dar, je nachdem man ihn in
das Licht dieser oder jener Gesetzesbestimmung stellt; von keinem
Individualinteresse, von keiner Willensbethätigung des Einzelnen
kann gesagt werden, dass sie schlechterdings unter allen Um-
ständen gegen Eingriffe seitens der Verwaltung geschützt wäre.
Das Interesse, welches der Einzelne z. B. daran hat, eine
bestimmte gewerbliche Handlung vorzunehmen, kann vom Stand-
punkte des Gewerbepolizeirechtes gegen Eingriffe durchaus
geschützt erscheinen, dagegen kann die Behörde befugt sein, die
Handlung aus allgemeinen polizeilichen Gründen (aus
Rücksichten der allgemeinen Bau-, Feuer-, Strassen- oder Gesund-
heitspolizei) zu untersagen. Welches ist der Inhalt des durch
die Rechtssätze der Gewerbeordnung über die Befugnisse der
Verwaltung begründeten subjectiven Rechtes des Einzelnen, wenn
aus diesen Rechtssätzen nur soviel fliesst, dass das Individual-
interesse, der subjective Wille innerhalb gewisser Grenzen gegen Ein-
griffe aus gewerbepolizeilichen Gründen geschützt sind, nicht
auch, dass irgend ein Individualinteresse, irgend eine Willens-
bethätigung die volle Garantie gegen Behinderungen seitens der
Verwaltung geniesst®). Oder: eine Versammlung kann nach dem
°) Vom Standpunkte des deutschen Gewerberechtes könnte eingewendet
werden, dass die Reichsgewerbeordnung die Zulassung zum Gewerbebetrieb
erschöpfend normirt und dass darum das Interesse, welches der Einzelne
daran hat, einen Gewerbebetrieb überhaupt beginnen zu können, durch
die Gewerbeordnung innerhalb gewisser Grenzen thatsächlich geschützt
erscheint, Allein die diesem Einwande zu Grunde liegende Klassificirung
des Individualinteresses in Anlehnung an die ihre Verwirklichung bedingen-
den Rechtsformen ist unzulässig. Der Einzelne hat nicht ein von dem Inter-
esse an der Ausübung des Gewerbes verschiedenes Interesse an der Zu-
lassung zu demselben. Er hat ein Interesse, bestimmte Handlungen vor-
zunehmen; dass er, bevor er sie ausübt, erst zu dem Gewerbebetriebe
zugelassen werden muss, liegt in dem objectiven Recht, bewirkt aber keine
Sonderung seiner Interessen. Wenn durch Landesrecht polizeiliche Be-
schränkungen der Ausübung, sei es bloss aus Gründen der allgemeinen Poli-
zei, wie Max SEYDEL („Das Gewerbepolizeirecht nach der Reichsgewerbe-
ordnung, Hırru’s Annalen 1881 S. 28) oder auch aus gewerbepolizeilichen
Rücksichten, wie Jacogı (Die Gewerbegesetzgebung im Deutschen Reiche
S. 22) will, eingeführt werden können, so erscheint durch die Gewerbe-
ordnung ein bestimmter Kreis von Individualinteressen eben nicht absolut
geschützt.