Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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Versammlungspolizeirecht jeder Einflussnahme durch die Polizei 
entrückt sein, gleichwohl kann die Polizei weitgehende Massregeln 
gegen dieselbe aus Gründen der Sanitäts-, Sicherheits- oder Sitt- 
lichkeits-Polizei ergreifen. Kann nun gesagt werden, dass die 
Vorschriften des Vereins- oder Versammlungsgesetzes, welche die 
Befugnisse der Polizei beschränken, ein subjectives Recht des 
Einzelnen mit der Wirkung begründen, dass eine bestimmte 
Willens- oder Interessensphäre desselben gegen Eingriffe seitens 
der Verwaltung schlechthin geschützt erscheint? Bildet ein 
geschütztes Interesse, oder der auf dasselbe gerichtete Wille des 
Einzelnen den Inhalt des Rechtes, so reicht das Recht doch nur 
so weit, als das Interesse wirklich gegen Eingriffe jeder Art 
®) Vgl. Entscheidung des Preuss. Oberverwaltungsgerichtes bei JEBENS, 
v. MEYEREN und Jacopı Bd. VI n. 56, woselbst gesagt wird: „dass die Ge- 
währleistung bezw. Regelung des Versammlungsrechtes durch Art. 29 der 
Verf.-Urk. die Anwendung der allgemeinen Gesetze auf Versammlungen nicht 
ausschliesst, somit also auch nicht ein Einschreiten der Polizei zur Verhin- 
derung des Zusammentrittes von Versammlungen in geschlossenen Räumen 
oder zur Beschränkung derselben auf eine gewisse Zahl von Theilnehmern 
auf Grund anderweitiger, dem durch jene Vorschriften geregelten Gebiete 
des Versammlungsrechtes nicht angehörigen gesetzlichen Bestimmungen, wie 
des $ 10 Tit. 17 Th. II A. L.-R., welcher der Polizei die Verpflichtung auf- 
erlegt, nicht nur die öffentliche Ordnung in der Ausübung des Versamm- 
lungsrechtes zu wahren, sondern auch darüber hinaus Veranstaltungen zur 
Abwendung der dem Publicum bevorstehenden Gefahren zu treffen. Die 
Polizeibehörde ist also beispielsweise unbedenklich für befugt zu erachten, 
eine Versammlung von einem Lokale fern zu halten, das mit dem Einsturz 
droht oder von ansteckenden Krankheiten inficirt ist, und nach eben denselben 
Gesichtspunkten erscheint es rechtlich zulässig, dass die Polizeibehörde dem 
Unternehmer einer Versammlung die äusserste Grenze der Zahl von Theil- 
nehmern angibt, deren Innehaltung sie im sicherheitspolizeilichen Interesse 
zu erzwingen genöthigt ist“ u. s. w. — Aehnlich a. a. O. IX n. 57 und XI 
n. 54; an letzterer Stelle heisst es: „Indem Art. 29 entgegen dem früheren 
Rechtszustande allgemein das Recht, sich ohne vorgängige obrigkeitliche 
Erlaubniss in geschlossenen Räumen zu versammeln anerkennt, räumt der- 
selbe der Gesetzgebung des Staates gegenüber solchen Versammlungen nicht 
eine derartige Ausnahmestellung ein, dass dieselben zugelassen werden 
müssten, auch wenn das Zusammentreten und Verweilen von Menschen an 
bestimmten Orten oder unter besonderen Voraussetzungen nach gar nicht 
zur Regelung des Versammlungsrechtes erlassenen, sondern anderen Gebieten 
angehörigen gesetzlichen Vorschriften unzulässig erschiene.“
	        
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