— 599 —
Rechte der Staatsbürger: „Jeder Staatsbürger kann — unter
den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben.“
Ferner Art. 12 desselben Gesetzes: „Die österreichischen Staats-
bürger haben das Recht, sich zu versammeln. Die Ausübung
dieses Rechtes wird durch besondere Gesetze geregelt.“ Nicht
minder muss Art. 29 der preussischen Verfassungsurkunde,
welcher von dem Versammlungsrecht handelt, in seinem vollen
Umfange hergezählt werden °”). Erwähnt sei endlich Art. 7 des
franz. Gesetzes vom 2. März 1791: „A compter du 1 avnl
prochain il sera libre & toute personne de faire tel negoce, ou
d’exercer telle profession, art ou mötier qu’elle trouvera bon:
mais elle sera tenue — de se conformer aux röglements de police
qui sont ou pourront ötre faits“ °°).
Ungeachtet der Anerkennung des subjectiven Rechtes findet
sich nun sowohl in der deutschen (resp. preussischen) wie in der
österreichischen Gesetzgebung das Erforderniss der Genehmigung
für den Betrieb bestimmter Gewerbe, für die Errichtung bestimmter
gewerblicher Betriebsanlagen, für die Abhaltung von Versamm-
lungen unter freiem Himmel, in der französischen das Erforder-
niss der Genehmigung einzelner gewerblicher Betriebsanlagen 3°)
#7) Mit Rücksicht auf den Wortlaut dieses Artikels könnte das zweifel-
haft erscheinen. Der zweite Absatz erklärt, die Bestimmung des ersten Ab-
satzes, wonach alle Preussen berechtigt sind, sich ohne vorgängige obrig-
keitliche Erlaubniss friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu
versammeln, beziehe sich nicht auf Versammlungen unter freiem Himmel.
Es könnte daraus geschlossen werden, dass damit die Berechtigung zu
Versammlungen der letzteren Art negirt werden soll. Die Fassung des
Gesetzes ist wohl keine ganz glückliche. Allein, wenn den Worten, „diese
Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter freiem Himmel“
der Zusatz folgt: „welche auch in Bezug auf vorgängige obrigkeitliche Er-
laubniss der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind“, so wird die Deutung
richtig sein, dass mit dem zweiten Absatze eben nur intendirt wird, die
gesetzliche Aufstellung des Erfordernisses der vorgängigen Erlaubniss für
zulässig zu erklären.
88) Vgl. dazu Ducrocg a. a. O. I S. 739, woselbst für „r&glements de
police“ als gleichbedeutend „lois de police“ gesetzt wird.
») Für Schankwirthschaften ist an Stelle der mit Decret vom 29. Decem-
ber 1851 eingeführten behördlichen autorisation seit dem Gesetze vom
17. Juli 1880 bloss das Erforderniss einer d&claration getreten.