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Wenn die Ansicht aufkam, dass in den meisten Fällen das
Ertheilen einer Genehmigung durchaus in das Ermessen der
Behörde gestellt ist, so liegt das zum guten Theile daran, dass man
das freie Ermessen nicht selten auch in einem Gebiete zuzulassen
geneigt ist, in welchem es schlechthin ausgeschlossen erscheint.
Die Verweigerung der (enehmigung ist immer durch einen
Thatbestand bedingt, welcher bei Hinzutreten der der Genehmigung
bedürftigen Handlung geeignet wäre, das öffentliche Interesse zu
schädigen, beziehungsweise durch bestimmte an die vorzunehmende
Handlung sich knüpfende Thatumstände, deren Wirkungen mit
dem öffentlichen Interesse gleich unvereinbar wären. Das Vor-
handensein dieses Thatbestandes resp. die Absicht des Antrag-
stellers, einen mit dem öffentlichen Interesse unverträglichen that-
sächlichen Zustand herbeizuführen, bildet den Grund des Ver-
sagens der Genehmigung. Das Gesetz bedient sich nun
sehr häufig ganz allgemeiner und ungenauer Ausdrücke zur Be-
zeichnung des Thatbestandes, welcher die Verweigerung der Ge-
nehmigung begründen soll, ja es begnügt sich nicht selten, diesen
Thatbestand lediglich durch Hinweis auf seine Wirkungen zu
kennzeichnen. Darum ist es aber doch nicht gerechtfertigt, wenn
vielfach von freiem Ermessen der Behörde auch in Rücksicht der
Frage gesprochen wird, ob durch die von ihr ermittelten That-
umstände der von dem Gesetze vorausgesetzte That-
bestand hergestellt wird. Das freie Ermessen kann sich immer
nur auf die Anforderung des öffentlichen Interesses beziehen, auf die
Frage, welchen Einfluss im concreten Falle ein bestimmter That-
bestand auf die öffentlichen Interessen zu nehmen geeignet ist.
Ob der Thatbestand selbst vorliegt, ist eine Frage, deren
Lösung zunächst durch juristisch correcte Interpretation der ihn
kennzeichnenden Gesetzesbestimmung anzubahnen ist. Grewiss
greift auch in Rücksicht dieser Frage eine gewisse freie Wür-
digung Platz, allein diese Würdigung der Thatsachen ist keines-
wegs etwas den Functionen der Verwaltungsbehörden Eigenthüm-
liches, sie steht vielfach auch dem Richter zu, und es ist darum
auch nicht ausgeschlossen, dass ein Verwaltungsakt, welcher aus
der freien Würdigung gewisser Thatumstände hervorgegangen ist,
mittels der Verwaltungsklage angefochten und auch in Rücksicht