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tober 1875°%) alimine abweist. Allerdings sind die einschlägigen
österreichischen Gesetze dem freien Ermessen der Behörden un-
gemein hold, allein eben darum ist alle Veranlassung gegeben,
die Grenzen dieses Ermessens auf das Genaueste zu überwachen.
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof liess in einzelnen
Fällen das freie Ermessen auch in der Frage der Subsumtion
des Thatbestandes unter das Gesetz zu. So wurde eine Beschwerde
a limine abgewiesen, „weil sowohl bei der Entscheidung der Frage,
ob durch einen bestimmten Bau eine Einschichte entstünde, als
auch bei der Beurtheilung, ob der Bau ungeachtet seiner isolirten
Lage in öffentlicher Beziehung zulässig oder ob er aus Rück-
sichten der Sicherheitspolizei nicht zu gestatten sei, die Behörde
nach freiem Ermessen vorzugehen berechtigt ist“5°). Es ist nun
gewiss bedenklich, wenn hier auch in Rücksicht der Frage, was
im Sinne des Gesetzes eine Einschichte sei, „freies Ermessen“
zugelassen wird. Mag es auch unmöglich sein, den Begriff der
Einschichte derart haarscharf abzugrenzen, dass gesagt werden
könnte: bis zu dieser Entfernung von der im Zusammenhange
gebauten Ortschaft handle es sich um eine Einschichte, bei
geringerer Entfernung aber nicht mehr, so ist doch andererseits
klar, dass ein wirklich freies Ermessen der Behörde in dieser
Rücksicht nicht Platz greift, und der Verwaltungsgerichtshof
würde gewiss diesem Ermessen Schranken ziehen, wenn sich eine
Behörde etwa einfallen liesse, ein mitten in der Ortschaft zu
erbauendes Haus für eine Einschichte zu erklären. In Fällen
dieser Art wäre es wohl am Platze, das oben erwähnte, vom
Reichsgerichte aufgestellte Princip zu acceptiren, dass das Gericht
zu prüfen hat, ob überhaupt die wirkliche Sachlage eine derartige
ist, dass die Besorgniss einer Gefährdung öffentlicher Interessen
daraus abgeleitet werden kann, ob also in dem beispielsweise
angeführten Falle der in Aussicht genommene Bauplatz von der
im Zusammenhange gebauten Ortschaft überhaupt so weit ent-
fernt ist, dass irgend welche Missstände in Rücksicht der Hand-
5) 8 8. „Von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sind aus-
geschlossen: — — — lit. e) Angelegenheiten, in denen und insoweit die
Verwaltungsbehörden nach freiem Ermessen vorzugehen berechtigt sind,“
66) ExEeL’s Sammlung n. 802.