Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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in den Anschauungen der Praxis. Man muss nicht glauben, dass 
unsere Praktiker alle die Kämpfe um die Feinheiten der Con- 
struction im Geiste mitgemacht haben, in welchen unsere Theore- 
tiker seit hundert Jahren sich abarbeiten. Sie halten sich an ein- 
fachere, man möchte sagen, derbere Vorstellungen. Und nament- 
lich die Rechtsbegriffe des Verwaltungsrechts — seit wie lange 
sind sie denn schon den breiteren Schichten unseres Juristen- 
standes handlich geworden? Hier gibt das Civilrecht das natür- 
liche Mass aller Dinge. Der freiwillige Eintritt in Civil- und 
Heerdienst ist selbstverständlich ein Vertrag; wenn man ihn 
einen öftentlichrechtlichen nennt, so ist dem unbekannten Dinge, 
dem öffentlichen Rechte genug gethan®®). Er wird auch ganz 
wie ein anderer Dienstvertrag, d. h. wie ein civilrechtlicher Ver- 
trag behandelt — aber nur bis zu einem gewissen Punkte. In 
seinen Wirkungen. ist etwas, das sich nicht nach dem Muster 
der ‚locatio cönductio operarum denken lässt. Die staatliche 
Dienstpflicht, der militärische Gehorsam sind etwas ganz anders 
Ernsthaftes. Ist des Königs Rock einmal angezogen, so schlägt 
das civilrechtliche Vertragsverhältniss in seinen wesentlichen 
Punkten um in ein strengeres, einseitigeres, nach einem Rechte, 
welches dem Staate eigenthümlich ist. So entsteht ein Gesammt- 
bild, wie das, welches die hier besprochene Theorie in wissen- 
schaftlicher Form gibt. Die Neigung des Praktikers, den ge- 
wohnten Boden des Civilrechts nur zu verlassen, wo die zwingende 
Nothwendigkeit der Thatsachen es verlangt, trifft im Ergebniss 
zusammen mit der konservativen Rechtswissenschaft, welche das 
Gebiet der eigenthümlichen Formen des öffentlichen Rechts auf 
einen möglichst kleinen Spielraum beschränkt. 
In der Sache selbst haben wir also einen grundsätzlichen 
86) Fine Reihe von Aeusserungen von Gesetzen, Verordnungen, amt- 
lichen Formularien, welche Reum (Annalen 1885, $. 126 ff.) anführt als 
Beweise aus dem positiven Rechte“ für die Vertragsnatur der Anstellung, 
zeugen von dem Vorhandensein dieser Auffassung.
	        
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