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v1.
Dass wir die Staatsdiensttheorie, welche von einem wahren,
civilrechtlich gestalteten Vertrage ausgeht, grundsätzlich als eine
gleichberechtigte anerkannten, ist nur die natürliche Folge davon,
dass wir die Frage nach den Grenzen des öffentlichen Rechts-
gebietes für eine offene erklären mussten. Gleichwohl dürfte das
Rechtsinstitut, wie es namentlich in unserem R.B.G. geordnet
ist, im Ganzen eher zu einem öffentlichrechtlichen Vertrage
passen in dem zuerst ausgeführten Sinne, und zwar zu einem
voll und entschieden durchgeführten.
l. Das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes,
welches den Eintritt in den Staatsdienst bewirkt, und der Zeit-
punkt seiner Perfection müssen in einer sicheren Form fest-
gestellt sein. In Uebereinstimmung mit den Landesgesetz-
gebungen schreibt deshalb das R.B.G. die Aushändigung einer
Bestallung vor.
Die Bestallung ist uns die Ausfertigung des Verwaltungs-
aktes, der obrigkeitlichen Verfügung, welche das Rechtsgeschäft
einseitig begründet. Diese Verfügung enthält, wie jede, die Ent-
scheidung darüber, dass ihre Voraussetzungen gegeben sind, ins-
besondere die Unterwerfung des Ernannten vorliegt; sie gilt
durch sich selbst, bis sie wieder aufgehoben ist. Wirksam für
und gegen den Betreffenden wird sie, gleich allen obrigkeitlichen
Einzelakten, Urtheilen, Polizeibefehlen u. s. w., im Augenblicke
der in gehöriger Form erfolgten Zustellung.
Die Vertragstheorie hat Mühe, mit diesem Vorgange aus-
zukommen. Die zugestellte Bestallung ist ihr für sich allein
noch nichts, wenigstens nicht mehr als die Einwilligungserklärung
des einen Contrahenten. Ein bindender Vertrag wird daraus
erst durch die zustimmende Erklärung des Ernannten. Ueber
diesen gleichwerthigen Bestandtheil des Rechtsgeschäfts enthält