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Person nicht — wie LABAnD es will — gelangen, indem man
sich die Vielheit gegenüber der Einheit „wegdenkt“; sondern man
muss eben auch die Person, als welche ein Organismus ist, als
Einheit in der Vielheit zu erfassen suchen, beide Seiten des
organischen Wesens im Auge belaltend. Daher ist zwar jede
Person eine Einheit, und nur weil sie dieses ist, ist sie eine
Person; aber sofern sie auch ein Organismus ist, insofern ist die
Vielheit ihrer Glieder für ihren Begriff wesentlich. Physisch
betrachtet ist eigentlich eine Person niemals ein Individuum.
„Alles was wir als Individuum bezeichnen, ist vom naturalistischen
Standpunkte aus betrachtet ein Collektivum. Die natürliche Ein-
heit, das Atom, hat gar keine anschauliche Existenz“?°). In
der Welt des Organischen ist eigentlich nur das Protoplasma,
die Urzelle, ein Individuum; nur sie ist „etwas logisch Untheil-
bares“; denn nur sie setzt sich nicht aus Theilorganismen zu-
sammen. Alle höheren Organismen sind organisch verbundene
Zeellenconglomerate; und es folgt aus dem Wesen des Organischen,
dass die Eigenschaft, ein eigener Organismus, und die, Theil eines
höheren Organismus zu sein, keine Gegensätze sind. Der höchste
physische Organismus ist der Mensch; hier endet das Gebiet der
Naturwissenschaft. Aber diese darwinistische Theorie muss, wie
GHERKE ’®) treffend bemerkt, „nothwendig von der Anschauung
ausgehen, dass dasselbe natürliche Entwicklungsgesetz, welches
den Organismus der Einzelwesen bis zur Hervorbringung des
Menschen gesteigert und vervollkommnet hat, jenseits dieser
Grenze den Organismus des menschlichen Gemeinlebens zeugt
und gestaltet. Sie wird, jemehr sie den Organismus des
Individuums gesellschaftlich auffasst, um so leichter
das gesellschaftliche Gemeinwesen organisch erklären.“
Das Gebiet der Rechtswissenschaft bilden ausschliesslich die
75) JELLINER, Gesetz und Verordnung S. 193.
76) Grundbegriffe des Staatsrechts, Zeitschr. f. d. ges, Staatswissenschaft
Bd. XXX, S. 286.