Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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lichen Rechts —- die Stadt Berlin mit ihren Bürgern verbindet, 
findet seine begriffliche Erklärung nur darin, dass die Personen 
der letzteren integrirende Theile jener Gesammtperson sind; dass 
der die Gesammtperson erfüllende Gemeinwille sich organisch bildet 
aus Willenspartikeln der von ihr umschlossnen Gliedpersonen. 
Und ebenso steht es mit den Beziehungen der Gliedstaaten 
zum Reiche. LABAnD meint: „Die Vorstellung des Reiches als eines 
Subjekts von selbständigen öffentlichen Rechten und Pflichten kann 
demnach nicht anders gewonnen werden, als dass man von den 
Grliedstaaten abstrahirt, sie „wegdenkt,“ sie als vom Reich ver- 
schiedene Persönlichkeiten ihm gegenüberstellt und sonach das 
Reich nicht als eine zusammengefasste Vielheit, sondern als eine von 
sämmtlichen Gliedstaaten, auch von der Summe derselben, ver- 
schiedene Einheit erkennt.“ Dass das Reich in solcher Trennung 
von den Gliedstaaten als besonderes Wesen thatsächlich nicht exi- 
stiren könne, gibt LABAND selbst zu. Also ist diese Vorstellung 
doch wohl eine Fiktion. Freilich warnt LABAnD Jeden, den es 
angeht, vor einer polemischen Kritik dieser seiner Ansicht, indem 
er ihn a priori als einen, „der geistigen Arbeit mit logischen 
Begriffen nicht mächtigen oder nicht gewöhnten“* Menschen hin- 
stellt. In der Hoffnung, dass dieses Urtheil in contumaciam 
nicht ohne weiteres rechtskräftig wird, wagen wir es trotzdem, 
zu behaupten, dass LaBınn’s „Abstraktion mit den thatsächlichen 
Verhältnissen in Widerspruch stehe“. Denn der thatsächliche 
Unterschied, welcher zwischen dem Reiche als einem aus Staaten 
zusammengesetzten Staate und einem einfachen Staate besteht, 
muss auch in einer wahrhaft realistischen und nicht fiktiven 
Theorie der staatsrechtlichen Persönlichkeit des Reiches zum Aus- 
druck kommen. Dies kann aber nur geschehen, wenn man das 
Reich als eine organisch „zusammengefasste Vielheit“ betrachtet, 
als eine organische Einheit, welche eben die Einheit sämmtlicher 
Gliedstaaten und nicht etwas von dieser Verschiedenes ist. Etwas 
einerseits von den einzelnen Staaten, andrerseits von deren Orga-
	        
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