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hinaufreichen; — und die bis zur Reformation fortgeführte Entwickelung
derselben entrollt dem Leser ein Bild, dessen lebensfrische Farben den
Meister auf dem Gebiete wissenschaftlicher Forschung erkennen lassen.
Zu dieser angenehmen Fassung kommt noch ein äusserst interessanter
Gegenstand.
In den Jahren 1207 und 1209 stattet der Pommernherzog, als Landes-
herr, das kurz zuvor von ihm gegründete Kloster Eldena mit einem aus-
gedehnten Grundbesitze aus und verleiht (1209) dem Kloster das Recht,
innerhalb der Grenzen dieses Besitzthums Parochien einzurichten und Pfarrer
anzustellen.
Vierzig Jahre später empfängt der Landesherr von seinem Kloster die
inzwischen im Klostergebiete von dem Kloster gegründete Stadt Greifswald
zu Lehn, jedoch nur in der Art, dass der Abt sich und dem Kloster das
volle Patronatsrecht über die Kirchen der Stadt vorbehält.
Die von dem Kloster Eldena mit sichtbarem Erfolge gepflegte An-
siedelung der Deutschen in dem slavischen Gebiete hat dem Abte von Eldena
ein solches Ansehen verliehen, dass ihm der Bischof von Pommern 1249
Archidiakonalrechte innerhalb des ganzen Klostergebietes verleiht und dem
kräftigen Landesherrn einen mächtigen Abt gegenüberstellt.
Durch Gründung einer Neustadt wächst Greifswald schnell empor, und
— des bei der Belehnung gemachten Vorbehaltes ungeachtet — schenkt der
Jaandesherr die Kirche der Neustadt sammt dem Patronatsrechte an derselben
dem Hospitale zum Heiligen Geist in Greifswald mit der Verpflichtung, für
die im Hospitale untergebrachten Armen desto besser zu sorgen (1275).
Allein der Abt und das Kloster erringen trotzdem bis zum Jahre 1300
die Anerkennung ihres Patronatsrechtes über alle Kirchen der Stadt und
lassen sich dasselbe nicht nur vom Landesherrn, sondern auch vom Bischofe
und selbst vom Papste bestätigen.
Neben der Macht des Abtes erhebt sich aber in der Stadt Greifswald
ein kräftiger Bürgersinn und weiss den Kirchenpatron erheblich einzu-
schränken. Während nämlich anderwärts die von den Kirchenoberen zu er-
nennenden Provisoren das Kirchengut unter der Aufsicht des Pfarrers, sowie
unter der Kontrolle der Archidiakonen und bischöflichen Offiziale verwalten;
und während meistens auch der Patron einen Antheil an der Vermögens-
verwaltung zu haben pflegt, — ward in Greifswald der städtische Rath bei
der Besetzung der Provisorate gehört, und eben dieser Rath führt, mit Aus-
schluss des Patrons und aller Kirchenoberen, die alleinige Aufsicht über die
Verwaltung des Kirchenvermögens. Nur dem Rathe ihrer Stadt legen die
Provisoren Rechnung im öffentlichen Ding; von dem städitschen Rathe er-
bitten sie sich Konsens für verschiedene Angelegenheiten, der Rath über-
nimmt mehrfach die subsidiäre Verpflichtung für die von den Provisoren
Namens der Kirche abgeschlossenen Rechtsgeschäfte und der Rath besetzt
mit Ausschluss des Patrons die Rectorate an den Kirchenschulen.