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welcher ausschliesslich im Auslande eine landesverrätherische Handlung gegen
das deutsche Reich oder einen Bundesstaat begangen hat, im Inlande ver-
folgt werde. Jede dessfallige Verfolgung eines Ausländers ist vielmehr
dadurch bedingt, dass die Handlung, welche den Gegenstand der Anklage
bildet, im Inlande verübt ist, und was für den Landesverrath Rechtens ist,
gilt ebenmässig für die Spionage, da ein besonderes Vergehen oder Ver-
brechen der Spionage dem deutschen Strafrecht unbekannt und letztere nur
strafbar ist, soweit sie den Thatbestand des Landesverraths enthält. Zweifel-
haft könnte es vielleicht erscheinen, ob der Rechtssatz des & 4 stets richtig
zur Anwendung gelangt, ob namentlich der Rechtsprechung des Reichs-
gerichts beigepflichtet werden kann, gemäss welcher auch derjenige Aus-
länder als im Inlande handelnd angesehen wird, welcher sich darauf be-
schränkt hat, Agenten oder Briefe ins Inland zu senden. Unter diesem
Gesichtspunkte hat aber der Verfasser die Frage einer Betrachtung nicht
unterworfen.
b) Irrthümlich ist ferner die wiederholt zum Ausdruck gebrachte Aus-
legung der $$ 8 und 9 der Strafprozessordnung für das deutsche Reich und
unbegründet folgeweise auch die hieran geknüpften Ausführungen über ein
angeblich anomales, einzig dastehendes Prozessverfahren im deutschen
Reiche. Aus der Vorschrift des $ 9, dass, wenn eine Ergreifung nicht statt-
gefunden, das zuständige Gericht vom Reichsgericht zu bestimmen, wird
nämlich abgeleitet, dass der wegen Landesverraths verfolgte Ausländer im
deutschen Reiche in contumaciam verfolgt und verurtheilt werden könne.
Nicht die $$ 8 und 9, sondern der $ 319 der Strafprozessordnung bestimmt
aber die Voraussetzungen, unter welchen eine Hauptverhandlung gegen einen
Abwesenden stattfinden kann, und gestattet sie nur dann, „wenn die den
Gegenstand der Untersuchung bildende That nur mit Geldstrafe oder Ein-
ziehung, allein oder in Verbindung mit einander bedroht ist.“ Die Be-
stimmung des zuständigen Gerichts nach $ 9 bezieht sich somit in allen
Fällen, in welchen eine Hauptverhandlung ausgeschlossen, nur auf die zur
Sicherung der Beweise erforderlichen Untersuchungshandlungen, deren Vor-
nahme Abwesenden gegenüber auch nach dem code d’instruction criminelle
zulässig ist.
c) Endlich, und dies ist ein Hauptvorwurf, welcher gegen den Ver-
fasser zu richten ist, hat derselbe die thatsächlichen Grundlagen des Prozesses
völlig verkannt. Wollte man ihm glauben, so hätte die Anklage sich
in der Thatsache erschöpft, dass Schnäbele in drei an den Mitbeschuldigten
Klein adressirten Briefen Auskunft über gewisse militärisch wichtige Dinge
erbeten hatte. Dies ist aber durchaus unrichtig. Herr Schnäbele war
beschuldigt, seit Jahren und planmässig den Landesverrath in Elsass-Loth-
ringen organisirt und geleitet zu haben; er war beschuldigt, dies nicht bloss
durch aus Frankreich gegebene Verhaltungsmassregeln, sondern durch selb-
ständige auf elsässischem Boden entwickelte Thätigkeit bewirkt zu haben.