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Die Entwicklung der Gesetzgebung wurde in Deutschland
von diesem Streite der Lieehrmeinungen nur in sehr geringem
Masse beeinflusst. Lediglich in Baden und Kurhessen kam es
zeitweilig zur Anerkennung einer Judicatur der ordentlichen
Gerichte in Streitigkeiten des öffentlichen Rechtes, doch erhielt
es hievon bald wieder sein Abkommen ?®). Dagegen scheint es,
dass der moralische Sieg in diesem harten Strausse sich ent-
schieden an PFEIFFER's Fahnen heftete, denn unter den feierlich
proclamirten Grundsätzen der deutschen Reichsverfassung vom
28. März 1849 finden wir (art. 181) auch den lapidaren Satz:
„Alle Verwaltungsrechtspflege hört auf, über alle Rechtsver-
letzungen entscheiden die Gerichte.“
Trotzdem blieb es aber nach wie vor beim Alten. Die in
der früheren Reichsverfassung begründete Ingerenz der Gerichte
in Polizeisachen war mit Auflösung des alten deutschen Reichs
in Wegfall gekommen, und eine neue Anordnung, welche den
Gerichten eine über das Gebiet der Civil- und Strafjustiz hinaus-
reichende Wirksamkeit eröffnet hätte, kam nicht zu Stande.
Andererseits wurde es jedoch immer mehr klar, dass das
Institut der Ministerverantwortlichkeit, von dem man sich früher
so Vieles versprochen hatte, unmöglich genügen konnte, die
Gesetzmässigkeit, geschweige denn die Billigkeit aller Verfügungen
der Verwaltungsbehörden zu verbürgen, dass vielmehr in dieser
Hinsicht eine andere Abhilfe geschaffen werden müsse. Ueber die
Art und Weise, wie dies zu geschehen habe, entbrannte jedoch
Rechts die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung anstrebt, sei kein Berech-
tigter im wahren Sinne des Wortes, sondern lediglich ein Denunciant,
der an der Beobachtung des Gesetzes ein Interesse habe (S. 24).
25) In der (anonymen) Schrift: „Das Wesen der deutschen Administrativ-
Justiz. Dresden und Leipzig 1843.
2°) Art. „Justiz“ im Staatslexicon (3. Aufl.) VIII, S. 716-736.
7) Staatsr., Völkerr. und Politik I, S. 508, Anm. 1 und III, S. 406;
Encycelop. d. Staatswiss. $ 385, Anm, 5.
28) Vgl. PÖHLMAnN, 8. 7.