Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

—_ 17 — 
juristisch behandeln wollte — seine frühere Behauptung“), dass 
der Vorgang der staatlichen Willensbildung juristisch gar nicht 
erfasst werden könne, aufgegeben; er erkennt jetzt ausdrücklich 
an (8. 312), dass, während die Willensbildung der menschlichen 
Persönlichkeit ein innerer, nur von psychologischen Gesetzen 
beherrschter Akt sei, dagegen der Prozess der Willensbildung 
juristischer Personen und insbesondere auch des Staates, weil 
durch Rechtssätze bestimmt, juristische Bedeutung habe. 
In der Analyse des Gesetzgebungsprozesses schliesst er sich 
eng den LABAnD’schen Unterscheidungen ?’) an, wenn er auch die 
einzelnen Momente und ihr gegenseitiges Verhältniss theilweise 
etwas abweichend bestimmt. Dass diese Momente jedenfalls nicht 
nothwendigerweise verschiedene Stadien des Gesetzgebungsweges 
bezeichnen, wird wohl allseitig zugegeben‘®). So schreibt auch 
JELLINEK der Unterscheidung zwischen gedanklichem Inhalt des 
Gesetzes und Gesetzesbefehl staatsrechtliche Bedeutung nur für 
die „auf monarchischem Princip ruhenden“ constitutionellen Mo- 
narchieen, insbesondere Deutschlands und Oesterreichs, und für 
das (wesentlich aus solchen Monarchieen zusammengesetzte und 
demzufolge) ähnlich construirte deutsche Reich zu (8. 314 fi.). 
Meines Erachtens prägt sich jedoch dieser Unterschied, so weit 
derselbe überhaupt als ein zutreffender und staatsrechtlich rele- 
vanter anzuerkennen ist, in dem Staatsrecht der Monarchieen 
des belgischen Typus ebenfalls aus. Auch in Belgien und den 
Staaten von ähnlichem Ursprung, beziehungsweise ähnlicher Ver- 
fassung, steht den Kammern nicht, wie JELLINEK meint*°) das 
#5) L. v. d,. St.-Verb, 8. 285 ff. Vgl. dagegen meine Kritik in Grünhut’s 
Zeitschr., Bd. XI, S. 155. 
47) LABAND, Staatsr. des deutschen Reiches, 1. Aufl., Bd. II, $$ 56 u. 57; 
2. Aufl., Bd. I, 88 54 u. 58. 
48) LaBAnD selbst hat schon in der ersten Auflage seines Staatsrechts 
auf die Möglichkeit des äusserlichen Zusammenfallens der begrifflich zu unter- 
scheidenden Momente mehrfach hingewiesen (Bd. II, S. 5, 17, 22). 
4) 8, 211 und 213. Vgl. oben 8. 9, Anm. 20. 
Archiv für öffentliches Recht. IV. 1, 2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.