Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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meint?®), ist nicht einzusehen. Der Wortlaut des $ 86 unter- 
scheidet sich so gut wie nicht von dem Wortlaute der Bestimmungen 
in einer grossen Zahl der im Vorstehenden genannten Verfassungen 
und gleichwohl wird ziemlich allgemein angenommen, dass weder 
die Strafhaft, noch die als Ordnungsstrafe verhängte Haft unter 
das Verbot fällt. So wie man es für unstatthaft erachtet, unter 
dem „verhaftet“ des Art. 31 der R.-V. und des $ 84 der preus- 
sischen Verfassung die Strafvollzugshaft zu verstehen, ebenso ist 
es unzulässig das „verhaftet“ des $ 86 des Grundgesetzes für 
Coburg-Gotha in der allgemeinen Weise aufzufassen, dass jede 
Haft, gleichviel welchen Inhalt sie hat und auf Grund welcher 
Vorschrift sie angeordnet wird, darunter begriffen würde. Jeden- 
falls müssten besondere Gründe angeführt werden, um darzuthun, 
dass das Coburg-Gotha’sche Recht in dieser Beziehung eine Aus- 
nahme von dem fast in ganz Deutschland geltenden Rechte bildet 
und bilden will, allein solche Gründe werden nicht beigebracht, 
so dass der nur durch den Wortlaut gestützten Anschauung nicht 
beigetreten werden kann. 
Oldenburg *). 
Revidiertes Staatsgrundgesetz vom 24. November 1852 Art. 131, $1: 
„Kein Abgeordneter kann wegen seiner Aeusserungen auf dem Landtage 
anders als durch den Präsidenten oder von der Versammlung zurecht- 
gewiesen und zur Verantwortung gezogen werden. $ 2: Wegen einer durch 
solche Aeusserungen etwa begangenen Uebertretung des Strafgesetzes kann 
ein gerichtliches Verhaften nur stattfinden, wenn der Landtag den Fall zur 
strafrechtlichen Erledigung an das Gericht verwiesen hat. $ 3: Wegen seiner 
Abstimmung darf Niemand zur Verantwortung gezogen werden. Art. 132: 
Während des Landtages und auf der Reise dahin und zurück können die 
Abgeordneten wegen Verbrechen und Vergehen nur bei Ergreifung auf 
frischer That oder mit Zustimmung des Landtages oder seines Ausschusses 
verhaftet werden. Im ersteren Falle ist dem Landtage bezw. dessen Aus- 
schuss von der Verhaftung sofort Kenntniss zu geben“. 
Die Bestimmungen des Oldenburg’schen Rechts charakterisiren 
sich dadurch, dass sie den Abgeordneten eine Exemtion von 
dem Gerichtszwang nur bezüglich der Verhaftung im Strafver- 
22) ForkEL, Das Staatsrecht der Herzogthümer Sachsen-Coburg und 
Gotha, in Marquardsen’s Handbuch III 2, Freiburg .1884, S. 127. 
2%) STOERK, a. a. O. S. 814.
	        
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