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gebung hat nun aber recht eigentlich die Gneist’schen Gedanken
verwirklicht, wie allgemein bekannt.
Lönıne °) versteht im Anschluss an GNEIsT unter Selbstver-
waltung „die Ausführung staatlicher Funktionen der Landesver-
waltung in den Landschafts-, Kreis-, Stadt- und Dorfverbänden
nach den Gesetzen des Landes durch persönliche Ehrenämter.“
— Er misst zwar selbst dieser Definition eine juristische Be-
deutung nicht bei und betont, dass sich aus dem Begriff der
Selbstverwaltnng wohl politische Postulate ableiten lassen, aber
nicht Rechtssätze, denen unmittelbare Geltung beikommt.
Diese Auffassung ist aber eine Bankerotterklärung der Juris-
prudenz; denn, wenn im Rechtsleben und positiven Recht Be-
griffe, wie Selbstverwaltung vorkommen, so müssen sich dieselben
auch juristisch definiren lassen ; die richtige Definition zu finden,
ist eben Sache der Wissenschaft.
Dass freilich die Lönın@’sche Construktion für die Rechts-
wissenschaft nicht verwerthbar ist, ergibt schon die Erwägung,
dass, wenn wirklich „Selbstverwaltung“ die Ausführung staatlicher
Funktionen durch „persönliche Ehrenämter“ wäre, der Gegensatz
nur in der Verwaltung durch besoldete Beamte (Staatsver-
waltung) zu finden ist; dass aber nach dem Sprachgebrauch Selbst-
verwaltung und Verwaltung durch Ehrenbeamte sich nicht decken,
haben schon LABaAnD a.a.O. S. 95 und 96 und Rosın a. a.0. 8. 307
einwandsfrei und überzeugend nachgewiesen.
Hervorheben willich noch das oben bereits von mir betonte
Moment, dass in Preussen eine und dieselbe Verwaltung in den-
selben Formen theils durch Ehrenbeamte (Ehren-Amtsvorsteher,
Amtmänner und Bürgermeister), theils durch besoldete Beamte
geführt wird, ein Umstand, der allein schon die Unbrauchbarkeit
obiger Definition für das positive Recht beweist. |
B. Einen ganz anderen Weg hat LaABanD !") eingeschlagen.
®) Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts 1884.
10) Das Staatsrecht des Deutschen Reiches 2. Aufl, 1888 8. 94 ff.