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Ebenso ist auf dem Gebiete der Selbstverwaltung, da,
wo die Entscheidung den Oentralorganen der Selbstverwaltung,
z. B. dem Provinzialrath oder Oberverwaltungsgericht in erster und
letzter Instanz übertragen ist, die Verwaltung als eine centralisirte
zu bezeichnen; als Beispiele dieser Art führe ich für Preussen
die 88 1, 52, 127 des Zust.-Gesetzes vom 1. August 1883 an.
Wo dagegen die erste Entscheidung den unteren Organen
gebührt, ist innerhalb der Selbstverwaltung die Verwaltung de-
centralisirt. Vgl. z. B. 88 27, 29, 34 des Zust.-Ges.
Da sonach die Decentralisation ein entscheidendes Begriffs-
merkmal für die Selbstverwaltung nicht bildet, so kann auch die
SCHULZE’sche Auffassung als zutreffend nicht anerkannt werden.
Wir wollen desshalb im Folgenden versuchen, den juristischen
Begriff der Selbstverwaltung auf historischer und positiv-recht-
licher Grundlage und in Anlehnung an den herrschenden Sprach-
gebrauch selbständig zu entwickeln.
III.
1. Den Grund, wesshalb es bisher nicht gelungen ist, eine
allseitig befriedigende Begrifisbestimmung der Selbstverwaltung im
Rechtssinne zu finden, erblicke ich wesentlich in der bisher von
allen Schriftstellern bei der Begriffsentwicklung befolgten Methode.
Statt nämlich die geschichtliche Entwicklung des positiven
Rechts und den jetzt in der Literatur und vor Allem in der
Gesetzessprache herrschenden Sprachgebrauch zur Grundlage
zu nehmen, haben sie entweder aus dem Wortsinn den Begriff
zu bilden gesucht, so z. B. Lapann S. 100 und Rosım 8. 308
und 309 — oder sie haben sich gar damit begnügt, wie z. B.
G. MEYER, E. MEIER, SCHULZE, LOENING, irgend ein Merkmal,
welches den Selbstverwaltungskörpern oder -organen regelmässig
oder häufig eigen zu sein pflegt (z. B. nicht-berufsmässige Be-
schäftigung, Wahl, Decentralisation, Ehrenamt) als entscheidendes
Begriffismerkmal ohne jede nähere Begründung hinzustellen und