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nicht widersprechen dürfen. (Gegen denselben wandte sich der
Minister von MANTEUFFEL:
„Die Weltgeschichte wird keine Rücksicht darauf nehmen,
ob die Kammern zusammen sind oder nicht. Die Weltgeschichte
wird ihren Gang nehmen, und die Staatsregierung, insofern sie
der Weltgeschichte Rechnung tragen muss, wird sich häufig in
der Nothwendigkeit sehen, durch gesetzliche Verordnungen ein-
schreiten zu müssen, für den preussischen Staat, auch wenn die
Kammern nicht versammelt sind. — — — Soweit ich dem An-
trage habe folgen können, den der Abgeordnete MArTINns gestellt
hat, scheint derselbe darauf hinauszulaufen, den Art. 105 illusorisch
zu machen — —“.
Der Antrag MArTIıns wurde zurückgezogen, und der Vor-
schlag des Centralausschusses genehmigt. Nach diesen Vorgängen
kann auch nicht der Schatten eines Zweifels darüber bestehen,
dass die verfassungsberathenden Körperschaften die Nothver-
ordnung (die vorläufige Gesetzgebung) auch da, wo die Ver-
fassung auf Gesetze hinweist, gestatten wollten und gestattet
haben.
V. Von besonderem Interesse sind die Verhandlungen, welche
in der zweiten Kammer am 12. Oktober 1849, also drei Tage
nach der Berathung des Nothverordnungsrechts, bezüglich der
Pressfreiheit stattfanden:
Die Verfassung vom 5. Dezember 1848 enthielt in den
Art. 25 und 26 speciellere Vorschriften über die Pressfreiheit,
als die heutige Verfassung. Sie bestimmte z. B. in Art. 26, dass
in gewissen Fällen Verleger, Drucker und Vertheiler nicht ver-
folgt werden dürfen. Die erste Kammer strich Art. 26 und gab
den Art. 27 und 28 ihre heutige Form. Hierbei und bei der
Berathung in der zweiten Kammer handelte es sich um die Frage,
ob Beschränkungen der Pressfreiheit, abgesehen von der Censur,
auch durch einfaches Gesetz oder nur durch ein verfassungändern-
des Gesetz zulässig sein sollten. Der Justizminister sprach sich