Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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freiheit, soweit deren Beschränkungen der Gesetzgebung über- 
lassen sind. Beachtenswerth ist, dass auch Sımson den Weg der 
Nothverordnung als eine Gesetzgebung auffasst !?). 
VI. Die Praxis derjenigen Faktoren, welche die Verfassung 
gaben, steht im Einklang mit den hier gemachten Ausführungen. 
A. Am 3. Juni 1850 erging auf Grund des Art. 63 der 
Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850 eine Verordnung zur 
Ergänzung der Nothverordnung über die Presse vom 30. Juni 
1849, Dieselbe enthielt die umfangreichsten Beschränkungen der 
Pressfreiheit; sie führte Zeitungs-Kautionen ein, gab der Post das 
Recht, Zeitungen den Postdebit zu entziehen, beschränkte den 
Vertrieb von Presserzeugnissen u. s. w. Diese Verordnung wurde 
in beiden Kammern geprüft und nur die Dringlichkeit bestritten; 
dagegen im Uebrigen und was den Inhalt anbelangt, ihre Ver- 
fassungsmässigkeit von keiner Seite bemängelt '°). Sımson hat als 
Referent über die Pressverordnung vom 11. Juni 1863 die Beweis- 
kraft dieses Präzedenzfalles bestritten °°), indem er darauf hinwies, 
dass die Nothverordnung vom 30. Juni 1849 nicht auf Grund des 
Art. 63 der heutigen, sondern auf Grund des Art. 105 der 
Verfassung vom 5. Dezember 1848 erlassen wäre. Indess handelte 
es sich bei diesem Präzedenzfall nicht um die damals längst Gesetz 
gewordene Verordnung vom Juni 1849, sondern um die Verord- 
nung vom 3. Juni 1850, welche ebenso wie die Pressverordnung 
vom 1. Juni 1863 ausdrücklich auf Grund des Art. 63 der heu- 
tigen Verfassung ergangen war. Wenn Sımson dann anführte, 
dass die Verordnung vom Juni 1850 durch das Pressgesetz vom 
12. Mai 1851 ersetzt, bezw. erledigt worden wäre, so beweist dies 
nur, dass die Kammern ihren Inhalt nicht bloss vorübergehend, 
sondern dauernd zum Landesrecht erhoben haben, nicht aber, 
18) Der Justizminister brauchte (Stenogr. Bericht Seite 643) den Aus- 
druck „blosse Verordnung“ im Gegensatze zur Gesetzgebung und der 
eine Art derselben bildenden Nothverordnung. 
2) Aktenstücke der II. Kammer 1851 Seite 1155. 
2%) Stenogr. Bericht des Abgeordnetenhauses 1863/4 Seite 80.
	        
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