Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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jenen zu versehen hat, dass sie in Ausübung ihres Amtes sogar 
seine Gesetze verletzen, und er wird nicht immer hiergegen Ein- 
spruch erheben. Einiges vergeben sich die Staaten einander mit 
Rücksicht auf Gegenseitigkeit. „On admet“, sagt CLUNET a. a. O. 
S. 401, „egalement la surveillance r&ciproque de ses forces et des 
moyens de toutes sortes, politiques, financiers, militaires: hanc 
veniam damus petimusque vicissim.* Alle diese Umstände können 
den Handlungen, wenn sie unter Verletzung der fremden Gesetz- 
gebung erfolgen, nicht den völkerrechtswidrigen Charakter benehmen. 
Was dem eigenen Staate gegenüber pflichtgemäss ist, kann sehr 
wohl im Verhältnisse zu dem fremden unzulässig sein. Der Gesandte, 
der seine Pflicht erfüllt, macht sich für seine Person eines Deliktes 
nicht schuldig (vgl. hierüber OLunET a. a. OÖ. S. 402); als Vertreter 
seines Staates bricht er, wenn er hierbei die Gesetze des fremden 
übertritt, das Völkerrecht. Auch die thatsächliche Zulassung macht 
die Verletzung nicht rechtlich erlaubt. Die Achtung vor der Ge- 
setzgebung des fremden Staates ist die Grundlage der Achtung 
vor diesem selbst, ohne welche wiederum eine völkerrechtliche Ge- 
meinschaft nicht bestehen kann. Uebertritt daher ein Gesandter, 
wie in den angeführten Beispielen, die Bestimmungen des franzö- 
sischen Spionagegesetzes, so verletzt er das Völkerrecht, und der 
französische Staat ist zu Abwehrmassregeln befugt. Was von den 
Gesandten gilt, deren Sendung dem fremden Staate bekannt ist, 
gilt auch von geheimen Agenten, nur dass diese nicht einmal 
strafrechtlich unverantwortlich sind. 
Bei der Frage nach dem inhaltlichen Herrschaftsgebiet des 
Gesetzes handelt es sich um die Anwendbarkeit seiner Bestim- 
mungen im Verhältnisse zu denen des code penal. Es ist leicht 
möglich, dass ein !%) und dasselbe Delikt sowohl unter das Spionage- 
gesetz als auch unter den code penal fällt. Es liefert jemand den 
Plan einer Befestigung, eines Zeughauses, Hafens, einer Rhede 
aus: diese Handlung wird nicht nur durch Art. 1 und 2 des 
10) Nicht hierher gehört der Fall der Idealkonkurrenz: es verschafft 
sich jemand eine geheime Urkunde durch Diebstahl, in der Veröffentlichung 
eines Staatsgeheimnisses liegt eine Beleidigung, hier wird nur das schwerere 
Gesetz angewandt, ORTOLAN a. a. O. I No. 1178 bis.
	        
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