Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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Spionagegesetzes, sondern auch durch Art. 81 und 82 des code 
penal betroffen. Der Beamte verräth das ihm anvertraute Kriegs- 
oder Handelsgeheimniss: das Delikt fällt unter Art. 1 und 2 des 
Gesetzes wie unter Art. 80 des code penal. Verrath und Spio- 
nage im Kriege ist in umfassendster Weise durch Art. 77 und 78 
des code penal, sowie durch die Militärstrafgesetzbücher bedroht. 
Kommt in diesen Fällen der Gesetzeskonkurrenz der code oder 
das Spionagegesetz zur Anwendung? Es entscheidet hier nicht 
die speziellere Vorschrift, auch nicht die spätere Bestimmung. 
Die Frage ist zu beantworten aus der Entstehungsgeschichte des 
Spionagegesetzes, insbesondere aus der Absicht, welche man bei 
dessen Erlasse gehabt hat. Man wollte, wie sich aus den Motiven 
und Berichten ergiebt, nicht die bestehenden Vorschriften über 
Verrath und Spionage aufheben, sondern nur erweitern und 
Deliktsthatbestände schaffen, die noch nicht durch die bestehende 
(resetzgebung unter Strafe gestellt waren. GADAUD sagt in seinem 
Berichte, er sei überzeugt, dass das Gesetz eine Anzahl von 
Handlungen treffen werde „en dehors des crimes tombant d6jä 
sous les coups du code p@nal“; kam es doch, wie es in dem- 
selben Berichte heisst, nur darauf an, „d’edicter des peines contre 
des faits jusqu’alors complötement impunis“. Wenn daher eine 
Handlung, wie die oben bezeichneten, schon unter den code pe&nal 
fällt, kommt dieser, nicht das Spionagegesetz zur Anwendung. 
Letzteres hat gleichsam nur subsidiäre Geltung. Im Allgemeinen 
lässt sich behaupten, dass es für Verrath und Spionage zu Kriegs- 
zeiten nicht zur Anwendung kommen wird. 
Eine Besprechung verlangt das Willensmoment. Das Gesetz 
wendet sich, wo es einen besonderen Zusatz nicht macht, nur 
gegen das vorsätzliche Delikt; für den Verrath folgt dies aus der 
besonderen Strafbestimmung gegen die fahrlässige Handlung, für 
die anderen Delikte aus deren Natur. Auszuscheiden ist auch 
nach französischem Strafrechte Motiv und Zweck: il ne faut pas 
confondre avec l’intention de commettre le delit le motif qui 
dötermine l’agent & le commettre ou, en d’autres termes, le but 
plus &loigne, le fin qu’il se propose d’atteindre en le commettant, 
ORTOLAN a. a. O. I No. 379. Ob jemand Staatsgeheimnisse ver-
	        
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