Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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räth, um dem Vaterlande zu schaden, oder aus Eigennutz, oder 
um Personen im Staate ihres Ansehens zu berauben, oder um 
den Geschichtsforscher zu unterstützen, ist für die Frage des 
Vorsatzes gleichgültig; Verrath ist auch die Mittheilung in dem 
Glauben, der Hörer werde das Geheimniss nicht weiter sagen, 
unter dem Siegel der Verschwiegenheit, ebenso die Veröffent- 
lichung ohne besonderen Zweck, aus Plauderhaftigkeit, oder nur 
um den Hörer- und Leserkreis mit Neuigkeiten zu unterhalten: 
gerade von diesen „indiscretions“ sagt GADAUD in seinem Be- 
richte: „insignifiantes en apparence, mais qui peuvent entrainer 
ä& un moment donn& des consäquences terribles pour le pays“. 
Die Auskundschaftung von Geheimnissen wird regelmässig behufs 
weiterer Auslieferung erfolgen. Aber die Verrathsabsicht ist 
keineswegs Voraussetzung des Deliktes. Mit Recht hat jüngst 
das Gericht zu Cahors, welches einen Kellner lediglich desswegen 
verurtheilte, weil er Soldaten um Lebelpulver gebeten hatte, her- 
vorgehoben, dass das Spionagegesetz sich schon gegen das blosse 
Bekanntwerden von Staatsgeheimnissen wendet, und keineswegs 
die Absicht voraussetzt, das erlangte geheime Objekt zu feind- 
seligen Unternehmungen gegen Frankreich zu benutzen. Nur wo 
der Zweck vom Gesetz besonders hervorgehoben ist, ist er Delikts- 
merkmal: der Art. 7 bestraft die Annäherung an Vertheidigungs- 
werke, um dieselben auszukundschaften. Nöthig ist der Wille, 
die vom Gesetz verbotene Handlung zu begehen. Hierzu gehört 
die Kenntniss der Deliktsmerkmale, der Verräther muss wissen, 
dass die veröffentlichte Thatsache eine geheime, dass sie für die 
Sicherheit des Staates von Bedeutung war; es genügt, wenn er 
hierüber im Zweifel gewesen und die Veröffentlichung selbst für 
den Fall vornahm, dass die Thatsache die erwähnte Bedeutung 
hatte. Die Kenntniss der Deliktsmerkmale muss erwiesen sein; 
nicht genügt die Feststellung, der Verräther habe, etwa vermöge 
seiner persönlichen Fähigkeiten, die Bedeutung der Urkunde er- 
kennen müssen, wenn auch andererseits die Kenntniss selbst als 
innerer Vorgang auf diesem Wege regelmässig erwiesen wird. 
Die Kenntniss muss zur Zeit der That vorhanden gewesen sein; 
erfährt der Verräther erst nach Auslieferung des Schriftstückes
	        
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