worfen worden, dass die gesetzgeberische Competenz des Organs,
welches das Gesetz erlassen hat, eine sachlich beschränkte ist,
sei es, weil ein von dem gewöhnlichen Gesetzgeber verschiedenes
Organ für Verfassungsänderungen besteht, oder weil dem Staate
selbst, auf dessen Willen das Gesetz zurückzuführen ist, nur eine
durch eine höhere Staatsgewalt limitirte Gesetzgebungsbefugniss
zusteht; dass aber die Frage in diesem Umfang der selbstständigen
gerichtlichen Entscheidung unterliegt, dürfte insbesondere nach
den Erörterungen GIERKE’s!’®?) und JELLINER’s (8. 399—401)
kaum einen Zweifel begegnen. So erscheint als Hauptgegenstand
der Controverse, ob, resp. inwieweit, die formelle Gültigkeit der
(gehörig publicirten, Gesetze vom Richter zu prüfen ist. Aber
auch auf diesem engeren (Gebiete ist der Gegensatz der Mei-
nungen kein schrofier. Während insbesondere LABAND in der
Ausfertigung des Gesetzes eine rechtlich unanfechtbare und daher
auch den Richter 17!) bindende Oonstatirung, dass dasselbe auf
verfassungsmässigem Wege zu Stande gekommen sei, erblickt,
geben andererseits die principiellen Vertheidiger der richterlichen
Prüfungsbefugniss regelmässig zu, dass die Erwähnung der Zu-
stimmung der Kammern im Eingang der (publicirten) Gesetzes-
urkunde eine Vermuthung der Wahrheit und der Legalität be-
gründe !72), und erklären sie meist, im Anschluss an GNeEIST’s
Behauptung Lapannp’s (Staatsrecht, 1. Aufl,, II, S. 87; 2. Aufl, I, S. 609),
dass die Rechtsgültigkeit eines formellen Gesetzes an materielle Schranken
nicht gebunden sei, zutreffend.
170) L, c. 8. 1189.
11) Von seinem Standpunkte aus hat LasBanp durchaus Recht, die
Gleichstellung aller anderen Behörden mit den Gerichten hinsichtlich der
Prüfung der Rechtsgültigkeit von Gesetzen zu behaupten. Sofern man aber
eine Prüfungsbefugniss bezw. Prüfungspflicht der Gerichte anerkennt, wird
man dieselben Grundsätze für die Verwaltungsbehörden nur mit den durch
die Unselbstständigkeit der letzteren bedingten Modifikationen aufstellen
dürfen (GIERKE 1. c. S. 1187).
(72) GnEIST, Soll der Richter auch über die Frage zu befinden haben,
ob ein Gesetz verfassungsmässig zu Stande gekommen (Gutachten für den
vierten deutschen Juristentag), S. 22 und 25; C. F. v. GERBER, Grundzüge