Die Persönlichkeit des Staates, organisch und
individualistisch betrachtet').
Von
Dr. Hvco Prevss.
Die wissenschaftliche Herrschaft der organischen Staatslehre
ist nach kurzer Dauer mehr und mehr durch die Persönlichkeits-
theorie verdrängt worden. Während die Einen, wie vor allem
V. GERBER, die organische Eigenschaft des Staates zwar aner-
kennen, sie aber als begrifflich unerheblich der Persönlichkeit
gegenüber in den Hintergrund stellen, wollen sie Andere, wie
2. B. VAN KRrIEKEN, zu Gunsten der Persönlichkeits-Theorie gänz-
lich aus der Doktrin entfernen. Auf der andern Seite steht
solchen Anschauungen die Opposition besonders FRICKER’s gegen-
über, welcher, um die organische Lehre zu retten, gegen die
Persönlichkeits-Theorie ankämpft. In Wahrheit sind aber die
Auffassung des Staates als Organismus und als Person an sich
keine Gegensätze, vielmehr liegt die entscheidende Streitfrage
innerhalb der Persönlichkeits-Theorie selbst. Hier steht die indi-
!) Die folgende Abhandlung gibt im Wesentlichen den Inhalt eines
Kapitels aus einer demnächst von mir zu publicirenden grösseren Mono-
graphie: „Gremeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften* (bei J. Springer,
Berlin), welche eine Konstruktion des deutschen Staatswesens auf Grundlage
der BESELER-GIERKE’schen Genossenschaftstheorie versucht. Da besonders
LaBanD in der jüngst erschienenen 2. Auflage seines Staatsrechts die Grund-
lage dieser Theorie in Frage stellt, schien es rathsam, diese. Apologie der-
selben, welche in sich abgeschlossen ist, an dieser Stelle zu veröffentlichen.