Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

dienen, auch die Grenzen von Privat- und öffentlichem Recht ®®). 
Aber auch K. S. ZACHARIAE behauptet im ersten seiner vierzig 
Bücher vom Staate: „Nur ein Volk ist schon von Rechtswegen 
oder kraft Gesetzes eine moralische Person. Beide Begriffe, der 
eines Volkes und der einer moralischen Person, sind an sich nur 
ein und derselbe Begriff. Denn beide setzen einen Verein voraus, 
in welchem die Menschen einer Gewalt unterworfen sind, ein 
solcher Verein aber ist seinem Wesen nach ein Staat“ ®”). Und 
die gleiche Anschauung, in die Sprache der Philosophen übersetzt, 
liegt wohl der Lehre HEGEv’s zu Grunde, „dass der Staat zwischen 
Mensch und Menschheit als die einzig volle Person in der Mitte 
stehe, als sittliche Substanz“ ®®). Diese Anschauung nimmt also 
die Existenz zweier völlig heterogenen Arten von Personen an, 
nämlich des Individuums und des Staates; zwischen beiden giebt 
es kein selbstständiges Mittelglied, keine Verbindung. Physische 
und moralische Person stehen sich danach so absolut getrennt 
gegenüber, wie nach der absoluten Staatstheorie Person und 
Souveränität. In Wahrheit ändert auch diese Auffassung an der 
absoluten Theorie nichts weiter, als dass sie die Worte „souveräner 
Staat“ durch die Worte „moralische Person“ ersetzt. Und diese 
Aenderung ist durchaus keine Verbesserung; denn sie trägt den 
absoluten Gegensatz der einander ausschliessenden Begriffe „Per- 
86) So heisst es ebenda S. 11: „Wer verlangt, der Jurist solle in das 
öffentliche Recht nicht privatrechtliche Anschauungen übertragen, nicht mit 
Kategorien des Privatrechts operiren, der verlangt nichts anderes, als dass 
der Jurist das öffentliche Recht überhaupt nicht zum Gegenstand seiner Be- 
trachtung machen solle, und dies heisst wiederum nichts anderes, als dass 
das öffentliche Recht und — da auch das Privatrecht öffentliches Recht ist 
gleichwie das Staatsrecht oder Strafrecht — überhaupt alles Recht nicht 
Recht sei!“ — Möglicherweise steckt in dieser verblüffenden Argumentation 
ein Kern gesunden Sinnes; aber aus solcher Umhüllung ist er nicht heraus- 
zuschälen. 
*) K. 8. Zacharl, Vierzig Bücher vom Staate. Umgearbeitete Aus- 
gabe Bd. I, Heidelberg 1839, S. 59. 
*8) Vgl. FRIckEr in der Zeitsch. f. d. ges. Staatswissenschaft Bd. XXVIII 
(1872), S. 104.
	        
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