- 18 —
dem Wortlaute irgend eines der historischen Neutralisationsver-
träge, noch auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses ist irgend-
wie zu schliessen, dass dies Recht — wenn vorhanden — nur zu
Gunsten der einen Partei solle geltend gemacht werden dürfen.
Sollte es nun aber, in solcher Art, in der That vorhanden
sein? Ich glaube, die Theorie thut gut daran, wenn sie, wie bis-
her, auch fernerhin forttährt, es zu negiren; mit dem Material,
das ihr die Politik bisher an die Hand gegeben, hat sie das
Recht dazu. Die Perpetuität will cum grano salis verstanden
sein. Dass aber jeder beliebige Staat zu jeder bequemen Zeit
von dem, eine ewige Neutralisation constituirenden Vertrage sollte
zurücktreten können, das widerspricht nicht nur den allgemeinen
Grundsätzen des internationalen Vertragsrechtes, sondern auch
der besonderen Natur dieses Rechtsverhältnisses und der Verum-
ständungen, denen es entsprungen. Die Neutralisation ist niemals
zu Gunsten eines Staates allein geschaffen worden, ebensowenig
bloss des neutralisirten, wie irgend eines der andern wegen. Sie
ist nicht aus der Willkür der einen oder der andern Macht her-
vorgegangen, sondern sie ist ein von allen als nützlich und noth-
wendig erkanntes Product besonderer historischer und ethnischer
Verhältnisse und als solches im gemeinsamen Interesse sämmt-
licher Staaten völkerrechtlich gefestigt worden. So wird sie noch
heute auch von den Politikern aufgefasst. Gerade bezüglich der
Schweiz gab der jüngst verstorbene Geheimerath SCHULZE, der
auch als Staats- und Völkerrechtslehrer von Gewicht war, in der
badischen ersten Kammer bei Anlass der Debatten über die
strategischen Bahnen nachfolgende Erklärung:
„Bei der ganzen Vorlage scheint mir der wichtigste Punkt
der zu sein, dass zur Verbindung des südwestlichen Deutschlands
mit dem Oberelsass eine Bahn gewonnen wird, die das Schweizer-
gebiet nicht berührt, und dass somit durch dieselbe die Reichs-
regierung unverkennbar zum Ausdruck bringt, wie sie an
dem völkerrechtlichen Grundsatze der ewigen