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Rechte des Staates gäbe. Die blühende Entfaltung der staat-
lichen Persönlichkeit auf allen möglichen Gebieten des mensch-
lichen Tiebens, welche unsere Zeit charakterisirt, stört die Cirkel
der sich auf das Vermögens- und Familienrecht beschränkenden
Romanisten nicht. Meist wird die Betrachtung der in das
öffentliche Recht einschlagenden Rechtssphäre des Staates als
gewissermassen ausserhalb des Gebietes des Rechtes fallend ganz
ignorirt; wiederholt findet sich aber sogar die Auffassung, dass
Staat und Fiscus zwei verschiedene Rechtssubjecte seien.
So bei MEURER’”*), der ausdrücklich lehrt, dass „der Fiscus
nicht mehr der Staat sei, sondern ein ganz neues Subject,
das dem Staate wohl seine Existenz verdanke, in ihm aber
nicht seinen Träger habe“ und nach SCHIFFNER”) ist der Staat
gar aus drei Personen: aus dem Staat als Corporation, dem
Staat als Anstalt und dem Staat als subjectlosem Vermögen
zusammengesetzt!
Es ist gegenüber solcher Verkehrtheiten ein nicht genug zu
würdigendes Verdienst der germanistischen Schule, insbesondere
BESELER’s, Kuntze’s, BLUNTSCHLI’s, LASSON’s, ZITELMANN’S,
GIERKE’s u. A. auf die Einheitlichkeit unseres Begriffes für alle
Rechtsgebiete und im Zusammenhange damit, wie hier nebenbei
bemerkt sein mag, auf die Unmöglichkeit, denselben durch eine
Fiction zu erklären, hingewiesen zu haben. Es lässt sich auch
nicht leugnen, dass in neuester Zeit selbst in den Kreisen der
Bearbeiter des römischen Rechtes in beiden Punkten eine Skepsis
oder geradezu ein Abschwenken zu bemerken ist, so bei DERN-
BURG ’°), bei BEKKER ??), bei HÖLDER °®).
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der heiligen Sachen I.$ 16. Man vgl. dagegen die unbefangene und gesunde
Darstellung bei Derngure a. a. O. I. 8 60. — 7°) A. 2.0. 8. 197—200.
-— 7%) Pandekten I. S. 137. — 7) Pandekten J. S. 206. BEKKER liess
sich gerade durch die Frage: „was denn aus den j. P. im Staats-, Kirchen-
und Völkerrecht werde“, sehr mit Recht bewegen, die ehedem von ihm
selbst getheilte Idee des „Zweckvermögens“ fallen zu lassen. — °®) A. a:O.