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Willensdogma unfehlbar führt, denjenigen, der als Vertreter,
Curator, Organ fremde Rechte ausübt, stets als Subject dieser
Rechte betrachten zu müssen, allein es entsteht nun die Frage,
wer ist denn dann eigentlich in solchem Falle Rechtssubject? Der
Vertreter nicht, weil er, wie Rosın sehr richtig bemerkt, nicht
im eigenen Interesse wollen darf; der Vertretene aber auch
nicht, weil er eben nicht wollen darf !??); solche Rechte hätten
also gar kein Subject! Dennoch sind Rosın’s Ausführungen von
grossem Werthe. Sie zeigen nämlich, dass es unmöglich ist, den
Begriff des eigenen Rechtes festzustellen, ohne sich von dem
Willensdogma loszusagen. Wer diesem folgt, für den müssen
nothwendig die Begriffe fremdes und eigenes Recht zusammen-
fallen; denn wenn der Begriff des Rechtes in der Willensmacht,
im Wollendürfen liegt, so muss es gleichgiltig sein, für wen, in
wessen Interesse man wollen darf. Nicht minder widerspruchs-
voll aber scheinen mir GIErKE’s Ausführungen hinsichtlich dieses
Problems zu sein !°?). Ganz wie JELLINEK unterscheidet er „phy-
sische* und „Zweckeinheiten“. Die Rechtsordnung „spreche zwar
dem (Gremeinwesen einen eigenen Lebenszweck zu“; aber beim
Individuum setze sie „den Daseinszweck“ nur voraus, die Daseins-
zwecke der Verbände hingegen unterwerfe sie ihrer Determination.
Der Zweck der Gesammtperson sei daher „nicht bloss gleich dem
Zwecke der Einzelperson das Motiv, sondern der Gegenstand
Hirth’s Annalen 1883. S. 265 fi.) $ 13 ff. — 1%) Wenn Rosm sich dem-
gegenüber unter Berufung auf WiınpscHhripD auf den (regensatz von Wollen-
dürfen und Wollenkönnen stützt (a. a. OÖ. 8. 25, Note 1), so ist zu be-
merken, dass es sich hier überhaupt nur um ein rechtlich bedeutsames,
rechtliche Wirkungen hervorbringendes Wollen handelt, nicht um das
Wollenkönnen, als rein physische oder psychische Qualität, die den
‚Juristen gar nichts angeht, übrigens auch beim Kinde, Geisteskranken, Ver-
schwender vorhanden ist. Das Wollenkönnen aber, wenn es rechtliche
Wirkungen hervorbringen soll, ist identisch mit dem dürfen. Auch Wnp-
scHEID hat die diesbezügliche Bemerkung, die noch in der 5. Aufl. seiner
Pandekten I. $ 37. No. 2 enthalten ist, in der 6. Aufl. gestrichen. — '#?) In
Schmoller’s Jahrbuch 1883. S. 1195, dann Genossenschaftstheorie 8. 631 ff. —