— 215 —
so viele Willen verwirklicht wird, als Organe da sind. Diese Fol-
gerung kann aber GIERKE nicht ziehen, weil er, wie bemerkt, dem
Willensdogma anhängt, und dieses auch neuestens mit vollem Be-
wusstsein aufrecht erhalten hat, indem er gegen Rosın polemi-
sirend bemerkt: „Zweck und Wille können nicht in gleicher Weise
als constitutive Elemente des Persönlichkeitsbegriffes betrachtet
werden. Die Person ist eine verkörperte psychische Einheit,
deren für das Recht wesentliche Substanz ihre lebendige Willens-
kraft ist“ 15°),
Auch Häner ist über diese Klippe nicht hinweggekommen.
Er begründet seine Ansicht, dass organisatorische Gesetze Rechts-
sätze enthalten, damit, dass „die Organe des Staates, seine Be-
hörden oder Beamten, nicht bloss im Verhältnisse zu den Unter-
thanen, sondern auch unter einander subjective Rechte und
Pflichten haben“!%). Dass damit die Einheitlichkeit des
staatlichen Rechtssubjectes in tausende von solchen zersplittert
wäre, kann HÄNEL nicht verborgen bleiben. Er fügt desshalb
bei: „Freilich stehen ihnen dieselben in durchaus eigenthümlicher,
nämlich in organischer Weise zu“. Was nützt aber die Berufung
auf dies ominöse Wort, das wie geschaffen scheint sich einzustellen,
wenn die Klarheit des Gedankens erlischt, — was nützt der
Hinweis auf diese „durchaus eigenthümliche Weise“, wenn der
Autor uns nicht mittheilt, was denn unter diesem Ausdrucke zu
denken sei! HÄNnEL erkennt, in welches Chaos von Unklarheit
man gerathen würde, wenn man seine Gedanken weiter verfolgte;
cr schafft sich derlei ziemlich unwirsch vom Leibe, indem er
kurzweg den Begriff der juristischen Persönlichkeit selbst zu ver-
werfen nicht übel Lust hat. Er sagt: „Freilich bin ich gefasst
auf alle die Einwendungen, die man mir aus der herkömmlichen,
rechtlichen Construction des corporativen Verbandes als juristischer
Persönlichkeit entgegenhalten wird. Aber zunächst befremdet mich
Zweckmomentes aufgebaut hat! — 15%) A. a. O. 8. 224. — !%) Studien II
15*