— 239 —
Rechtshandlungen selbst, sondern auch hinsichtlich aller geistigen
oder physischen Thätigkeiten, die ein Mittel zur Realisirung jener
Zwecke bilden. Desshalb kommt es hier nicht blos auf sein
Handeln oder Unterlassen, sondern auch auf sein Wissen oder
Nichtwissen an, wenn solches rechtlich relevant wird, wie bei dem
Einfluss der bona und mala fides, des Irrthums, bei der Eides-
leistung, bei den Wirkungen einer behördlichen Ladung, sowie
jenen einer rechtlich bedeutsamen Kenntnissnahme von Thatsachen,
endlich beim Delict; desshalb kann er öffentliche Rechte mannig-
facher Art ausüben, bei denen eine Stellvertretung nicht zulässig
ist; desshalb kann endlich sein Wille die Zwecke der juristischen
Person verändern, er kann einzelne derselben aufgeben, ja er kann
sie alle aufgeben und damit die Existenz der vertretenen Persön-
lichkeit vernichten — durchweg rechtliche Beziehungen, hinsicht-
lich deren die Stellung des Bevollmächtigten eine grundsätzlich
verschiedene ist?1?),
Allerdings nähern sich beide Rechtsinstitute äusserlich da-
durch, dass eine Stellvertretung auch zu Gunsten von Interessen
stattfinden kann, deren Subjecte momentan dieselben nicht wahr-
nehmen können, sei es, weil dieselben, wiewohl ihr Inslebentreten
wahrscheinlich ist, doch noch nicht existiren, sei es, dass dieselben
nicht mehr existiren, aber ihr Tod sich nicht erweisen lässt, sei
es, dass es derzeit wegen irgend eines anderen Grundes zweifel-
haft ist, wer schliesslich als Berechtigter anerkannt werden wird.
Allein in solchen Fällen wird überall nicht ein neues Interessen-
Centrum geschaffen, sondern es werden blos gewisse, dem Rechts-
schutz, der die physische Person umgibt, mehr oder minder
gleichkommende provisorische Massregeln ergriffen, um bei dem
214) Diesen Unterschied, auf den hier des Näheren einzugehen nicht der
Platz ist, scharf hervorgehoben zu haben, ist ein unvergängliches Verdienst
GIERKE’S (s. insbes. dessen Gen.-Theorie S. 616 ff.). Dass die romanistische Schule
noch neuestens denselben negirt, gereicht derselben nicht gerade zur Ehre.
Man sehe z.B. was Mırteis, Die Lehre von der Stellvertretung 8. 192 über
diesen Punkt sagt,