— 241 —
liegt der Unterschied zwischen physischer und juristischer Person
nicht und kann er nicht liegen. Denn immer ist ein dauernder
und sich stets erneuernder psychischer Process zur Verwirk-
lichung eines Zweckes unerlässlich; der Zweck hingegen kann
von einem Subject ausgesprochen sein, das auf die Verwirklichung
desselben gar keinen Einfluss mehr hat, ja möglicherweise längst
zu existiren aufgehört hat. Man kann einen Zweck stiften oder,
wie man sich bezeichnender ausdrücken kann, etwas „anstiften“,
ohne an der Durchführung Theil zu nehmen, ja selbst ohne dass
der diesen Zweck verwirklichende Wille von dem Zweck, dem er
damit dient, Kenntniss hat.
Wenn in einer Mehrheit von gleichzeitig oder nach einander
thätigen Menschen die Verfolgung eines Gesammtzweckes als
bindende Norm anerkannt wird, so ist damit eine solche Ablösung
des oder der den Zweck setzenden Individuen von allen übrigen
Zwecken derselben ermöglicht, dass dieser Zweck nunmehr, wie
man sich auszudrücken pflegt, sein eigenes „Leben“ beginnt; denn
er hat den Willen gefunden, der ihn dauernd verwirklicht. Dieser
Zweck wird jetzt nicht mehr um der Zwecke der Genossen oder
um der Zwecke eines Herrn willen verwirklicht, sondern er selbst
ist Zweck einer Willensthätigkeit, er ist ein „Selbstzweck“ ge-
worden. Das heisst, dieser Zweck ist nicht mehr der eigene
Zweck der Genossen oder des Herrn; aber er darf ihnen auch
nicht fremd gegenüber stehen. Er deckt sich mit dem Durch-
schnittsinteresse der gegenwärtigen und künftigen Genossen, fällt
daher durchaus nicht immer zusammen mit den Zwecken des Ein-
zelnen; er kann denselben sogar feindlich entgegentreten, in welchem
Falle diese jenem zum Opfer gebracht werden müssen. Diese sich
stets erneuernden Conflicte zwischen Einzel- und Gesammtinter-
essen machen die dauernde Verwirklichung eines Gesammtzweckes
unmöglich, wenn nicht ein Wille vorhanden ist, der die wider-
strebenden Einzelinteressen jenem Gesammtzweck unterordnet; er
bedarf einer Willensorganisation. Aber diese Herrschaft eines