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Willens darf andererseits auch nicht behufs Realisirung der eigenen
Interessen des Subjectes desselben ausgeübt werden, sondern sie
ist nur ein Mittel zur Aufrechthaltung des Gesammtzweckes
und daher begrenzt durch diesen.
Ein derartiger menschlicher Verband, der einen Gesammt-
zweck durch das Mittel der Willenseinigung verfolgt, ist ein Ge-
meinwesen.
Das Gemeinwesen steht also gewissermassen mitten inne
zwischen zwei Extremen, deren eines ein Verband ist, welcher
die Befriedigung der Interessen des herrschenden Willens bezweckt,
während das andere die Befriedigung der Zwecke der Ge-
nossen zum Ziel hat. Im ersten Fall gehen die Zwecke des
Einzelnen in denen ihres Herrn auf; der Typus dieser Form ist
der römische pater familias oder ein Verband von Sklaven, die
dadurch geeint sind, dass sie einem Herrn dienen. Der Sklave
ist nicht Selbstzweck, sondern er ist, wie die Sache oder das
Thier, nur um des Herrn willen da, er dient einem fremden
Zwecke, der nicht zugleich seine eigenen Durchschnittsinteressen
realisirt. Einen solchen Verband ein Gemeinwesen zu nennen
hat keinen Sinn, denn das wesentliche Element, der Zweck, hat
hier einen eigenen Träger, den Herrn; ein Gesammtzweck
existirt nicht.
Das andere Extrem ist jener Verband, der nur behufs Ver-
wirklichung der Interessen der Genossen gebildet wird, der Typus
der „Gesellschaft“.
Hier sind nur die Zwecke der Genossen Veranlassung der
Verbindung, nicht ein von ihnen verschiedener, möglicherweise in
Widerstreit mit ihnen gerathender Gesammtzweck. Auch dann,
wenn hier eine Willensbindung behufs Erzeugung eines einheit-
lichen Gesammtwillens besteht, kann ein solcher von den Gesell-
schaftern nur als relativ besseres Mittel zur Befriedigung der
eigenen Interessen der Genossen gewählt werden; es können dann
zwar die Willen, nicht aber die Zwecke in Conflict mit einander