Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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wesen sei, mithin einen über den Interessen aller seiner Glieder stehen- 
den Gemeinzweck zu realisiren habe, ist daher als selbstverständ- 
liche Folge die juristische Persönlichkeit des Staates gegeben *?°). 
Derselbe Process, der zwischen den Rechtsordnungen des 
Staates und der ihm untergeordneten Gemeinwesen sich abspielt, 
kann sich innerhalb dieser letzteren wiederholen, wenn sich von 
einem grösseren Verbande, dem Rechtsfähigkeit zusteht, Theil- 
verbände abzweigen, wie dies bei den verschiedenen Anstalten 
innerhalb der Kirche der Fall ist. In der Anerkennung der 
juristischen Persönlichkeit des weiteren Verbandes liegt dann auch 
die Befähigung eingeschlossen, derlei Theilverbände oder Anstalten, 
wie z. B. kirchliche Stiftungen, Domkapitel, Benefizien als ju- 
ristische Personen zu constituiren. 
Wenn nun ein Gemeinwesen als juristische Person anerkannt 
wird, so ist die Thatsache, dass ein Gesammtzweck vorhanden 
sei, gewöhnlich leicht zu constatiren, weil sich derselbe aus dem 
staatlichen Constituirungsakt ergeben kann. Ein solcher muss aber 
fehlen bei allen Verbänden, deren Zwecke nicht in das Rechts- 
gebiet fallen oder bei solchen, über denen eine Rechtsordnung 
nicht herrscht, wie bei Staaten und Staatenverbänden. Je kleiner 
die Zahl der Genossen, je beschränkter Umfang und Dauer der 
gemeinsamen Zwecke, je weniger mit einem Worte ein Zwiespalt 
zwischen den Einzel- und Gesammtinteressen entstehen kann, desto 
schwieriger wird es in solchen Fällen sein, festzustellen, ob sich 
ein von den Zwecken der Mitglieder beziehungsweise des Herren 
des Verbandes verschiedener Gesammtzweck ausgebildet hat und 
als bindende Norm anerkannt wird. Oft genug sind sich die Be- 
theiligten selbst darüber nicht klar, wie dies ja auf der Hand 
liegt, wenn man bedenkt, dass die Entstehung eines Gesammt- 
zweckes aus einem jener beiden Extreme ein Process sein kann, 
220) Der Curiosität halber sei hier erwähnt, dass dieser Vorgang C. 
BornHAK so fremdartig ist, dass er ihn (preuss. Staatsrecht I. S. 66) 
mit dem sich an seinem Zopf ziehenden Münchhausen vergleicht. — 
Archiv für öffentliches Recht. V. 2. - 17
	        
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