Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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sich nicht verkennen, dass die Setzung eines Gresammtzweckes 
innerhalb einer Mehrheit von Menschen ganz ebenso auf un- 
reflectirter, unbewusster That beruhen kann ??®), wie bei gewissen 
Vergesellschaftungen von Thieren, die wegen ihrer Achnlichkeit 
mit denen der Menschen von je als Thierstaaten bezeichnet 
wurden. 
Gräbt man also so tief, so kommt man auf ein Gebiet, auf 
welchem sich die oben gedachten drei Formen überhaupt nicht 
mehr differenziren lassen. Ich halte es für eine Oberflächlichkeit, 
wenn man vielfach die Begriffe Gesellschaft und juristische Person, 
bezw. Despotie und Gemeinwesen als ausschliessende Gegensätze 
bezeichnet, dabei aber den letzteren Begriff auf Verbände an- 
wendet, welche eine Rechtsordnung über sich nicht anerkennen. 
Im Princip sind diese Gegensätze allerdings ausschliessende, weil 
die Begriffe: Herrscherzweck, Gesammtzweck, Einzelzweck sich 
freilich für jenen auseinanderlegen, der in ihr Wesen klaren Ein- 
blick hat. Allein diese Klarheit fehlt oft genug; auch wenn sie da 
wäre, kann es divergirende Interessen geben, welche die eine 
Ss. 39 ff. — 222) Das ist der Fall bei den sog. „gewordenen“ Körperschaften, 
Staat und Gemeinde. Diese von „gewillkürten“ Verbänden zu unterscheiden 
und nur diesen letzteren „Zwecke“ zuzuschreiben, wie dies PrEuss a. a. O. 
S. 260 u. 280 ff. thut, halte ich für verfehlt. Was „gewillkürt“ ist, ist auch 
„geworden“ und umgekehrt; ich glaube, dass dieser Gegensatz bei näherer 
Betrachtung verschwindet, scheue mich anch trotz der Opposition namhafter 
Philosophen unserer Zeit (vor Allem SıawarT’s) nicht unbewusste Zwecke 
anzunehmen. Wenigstens scheint mir eine solche Annahme, für die bekannt- 
lich ScHOPENHAUER eingetreten ist, einer besonnenen Betrachtung der Ein- 
heitlichkeit des Triebes aller Lebewesen, sei dieser nun mehr oder weniger 
von dem Bewusstseinsphänomen begleitet, mehr zu entsprechen als die ent- 
gegengesetzte, welche Preuss (a. a. O. S. 281) u. A. zu der Annahme führt, 
dass Gemeinde, Staat, Reich „geworden sind ohne Hinblick auf irgend einen 
Zweck“, also „begrifflich zwecklos* sind — ein Resultat, das man wohl nur 
bei sehr guter Laune gebührend würdigen kann. Ich finde in dem Gemein- 
wesen der Bienen oder Ameisen einen Gesammtzweck, wie im menschlichen 
Staate und man wird, was die Bewusstheit bei Setzung desselben betrifft, im 
Hinblick auf primitive menschliche Oulturstufen nicht viel Unterschied zwischen
	        
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