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8 11. Sachen, Thiere, Gottheiten als Rechtssubjecte.
Aus der oben aufgestellten Begriffsbestimmung ergibt sich,
dass nur menschliche Zwecke das Substrat einer Persönlichkeit
nach den derzeit geltenden Anschauungen abgeben können.
Hiemit erledigt sich die bei älteren Autoren häufige, in
neuerer Zeit nur mehr bei Böckına°®), BEKKER?®) und CaAn-
STEIN???) sich findende Annahme, dass auch unbelebte Sachen
und Thiere Rechtssubjecte sein können. Wenn man auch kaum
die Empfindung eines berühmten Romanisten theilen oder sie gar
als bestimmend betrachten wird, dass in der Personificirung un-
belebter Gegenstände eine „Rohheit“ liege?®), so ist es doch
auch minder zart besaiteten Gemüthern klar, dass die Imperative
der Rechtsordnung nur zu Gunsten von menschlichen Interessen
in's Leben treten können. Es ist dies bedingt durch unsere Natur
und den in sie gepflanzten Egoismus, welcher es verbietet, Dinge,
die nach unserer Aufiassung unseren Zwecken zü dienen haben,
als Selbstzwecke zu betrachten.
Dient nun die Betreuung einer Sache oder eines Thieres
menschlichen Interessen, so können dieselben, wenn der Staat deren
Realisirung als im öffentlichen Interesse gelegen erachtet, zum
Substrat einer Stiftung gemacht werden; Person ist aber dann
nicht die Sache oder das Thier, sondern der stifterische und
staatlich genehmigte Zweck.
Zum Theil anders liegt die Sache in einem verwandten Falle,
bei der Frage nach der Rechtsfähigkeit von Gottheiten. Im
römischen Recht finden sich die heidnischen Gottheiten als Per-
sonen aufgefasst?®®) und die mittelalterliche Jurisprudenz hat ganz
286) Pandekten, 2. Aufl. I. S. 231. — ?%) Die diesbezüglichen Aus-
führungen finden sich in der so gründlich verfehlten, aber dennoch sehr
geistreichen und anregenden Arbeit BEKKER's „Ueber das Rechtssubject“ in
Ihering’s Jahrb. XII. 1873. S. 1 ff. — °?7) S. oben Note 206. — ?®°) Worte
Pucurta’s (Vorlesungen I. S. 67). In Weıske’s Rlex. III. S. 66 nennt er
dies eine „sittliche Unmöglichkeit“. — ?®) 8, hierüber Savıeny, System II.