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Macht octroirt ist, nur der Realisirung der eigenen Interessen.
Es entsteht dann eine Rechtsgemeinschaft rein egoistischen COha-
rakters, deren Thheilhabern nichts als das Object des Rechtes, die-
selbe Sache, dieselbe Leistung etc. gemeinsam ist. Dieser Art
sind die jura in re aliena, das Miteigenthum und alle römischen
Gremeinschaftsverhältnisse, die societas, sowie die deutsch-recht-
lichen Gemeinschaftsformen und Gesellschaften mit collectiver
Willenseinheit. In allen diesen Fällen haben die Zwecke, die von
der Rechtsordnung durch ihre Imperative geschützt werden, nichts
mit einander gemein; sie stehen fremd neben einander; so intensiv
auch der Willens-Verband gestaltet sein mag, die Vereinigung
der Zwecke fehlt.
Es lässt sich aber auch in theilweisem Gegensatze zu dieser
Form eine Gemeinschaft der Rechtssubjecte denken, vermöge deren
die Ausübung des Rechtes des Einen zugleich das Recht des
Anderen zum Theil oder ganz befriedigt. Indem der Eine seinen
Zweck, dessen Verwirklichung ihm die Rechtsordnung gewährleistet,
realisirt, somit sein Recht ausübt, erfüllt er dann zugleich einen
Zweck des Anderen, welchen die Rechtsordnung in gleicher Art
anerkennt, sei es vollständig, sei es, dass es noch besonderer er-
gänzender Leistungen bedarf, um diesen letzteren ganz zu befrie-
digen. In diesem Ausmasse also (oder aber ganz) fallen dann die
beiden Zwecke zusammen, die Rechtsordnung schützt sie als eine
Einheit. Das heisst: es entsteht nicht etwa eine psychische Ein-
heit, sondern die Rechtsordnung erlässt ihre Imperative so, dass
daraus eine Einheit der Zwecke wird.
Eine derartige Gremeinschaftsform erfordert aber eine eigen-
thümliche Vertheilung der Dispositionsbefugniss unter die Gemein-
schafter, so dass der eine bei Ausübung seines Rechtes völlig
oder fast völlig frei, während der andere in seiner Dispositions-
befugniss ganz oder fast ganz beschränkt ist (wenn nicht accesso-
rische Leistungen des ersteren dazu treten). Diese Machtverthei-
lung sieht sich ähnlich an, wie ein Stellvertretungsverhältniss, weil