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auch hier drohende Gefahr hat die Kirche durch den Oölibat ab-
gewendet und so dies Rechtsinstitut in die heutige Zeit hinüber-
gerettet.
Das Recht des kirchlichen Pfründners an seiner Pfründe lässt
sich gleichfalls unter keines der hergebrachten romanistischen
Schemata bringen ?®®); es lässt sich nur als ein zwischen dem
Beneficiaten und der Kirche „getheiltes Eigenthum“ erklären und
so zugleich das Räthsel lösen, dass der Beneficiat ein eigenes
Recht am Gut und dasselbe doch zugleich im Namen der Kirche
ausübt *°*).
8 17. Fortsetzung.
Auch das Familienfideicommiss wird in der älteren Literatur
und in der bayerischen, preussischen und österreichischen Codi-
fication mit Recht als ein Fall des getheilten Eigenthums (im
weiteren Sinne) aufgefasst. Ob als „Ober-Eigenthümer“ desselben
die „Familie“ als Person oder eine juristische Person sui generis
aufzufassen sei, soll bei der umfangreichen Literatur die über diesen
Punkt existirt, nicht weiter besprochen werden: es scheint mir
aber bemerkenswerth zu sein, dass auch von hervorragenden
Privatrechts-Theoretikern der neuesten Zeit zur Construction
dieses Rechtsverhältnisses auf die „unlogische* Idee des getheilten
Eigenthums zurückgegriffen wird. „Das Wort „Eigenthum“ sagen
PFAFF und HorMAnN?®5) „hat viele Bedeutungen, immer aber be- _
deutet es ein Zugehörigkeitsverhältniss; das Wort „dominium“
Brıe, Theorie der Stastenverbindungen, 9. 32 ff., 86. — ?*°) Vgl. CArL Gross,
Das Recht an der Pfründe. 1887. S. 1—20, 94—222, 302—310. — 2#*) GROSS
a. a. 0. S. 232 ff. u. 256 ff.; GIERKE a.a. O. III. S. 295. Dass sich aus dieser
Auffassung zugleich die wichtigsten praktischen Folgen, insbesondere hin-
sichtlich des Wahlrechtes der Benefiziaten in Ansehung des von ihnen be-
sessenen Kirchengutes ergeben, liegt auf der Hand. Weil dieselben diese
Güter nicht als Stellvertreter, sondern kraft eigenen Rechtes besitzen, muss
ihnen das Wahlrecht zugesprochen werden. S. über diese Frage die Ver-
handlung des österr. Abg.-Hauses 1873—74. III. S. 3554 ff. und ©. Gross
a.a. 0. S. 244 fi. — 2°) Excurse über österr. allg. bgl. Recht. II. 3. S. 230