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Gebiete verhaften lassen. Dies ist aber auch stets als eine der
eclatantesten Verletzungen des Völkerrechtes betrachtet worden.
In keiner der oben angeführten Bestimmungen der Str.-P.-O.,
welche von den Massregeln gegen die im Ausland befindlichen
Beschuldigten handeln, wird das Erforderniss aufgestellt, dass
die Untersuchung noch während des Aufenthaltes des Beschuldig-
ten im Inlande begonnen haben, oder dass dieser zu dem Zweck
in’s Ausland geflohen sein müsse, um sich der Untersuchung zu
entziehen.
Das deutsche Strafrecht bedroht den Inländer mit Strafe,
welcher im Ausland eine nach dortigem Recht strafbare Handlung
begeht, die nach den Gesetzen des Deutschen Reiches als Ver-
brechen oder Vergehen erscheint; Str.-G.-B. 8 4 No. 3. Der
strafrechtliche Anspruch kommt hier wie immer mit dem Moment
der Begehung zur Existenz und die Strafverfolgung ist principiell
sofort zulässig.
In immer wachsender Anzahl werden endlich Handlungen
unter Strafe gestellt, welche von Inländern oder Ausländern im
Ausland begangen werden, ohne dass es auf die Strafbarkeit nach
dortigem Recht ankommt. Hier gilt genau entsprechendes, wie
im eben erwähnten Fall und überhaupt immer: die Handlung als
solche erzeugt für das Inland den strafrechtlichen Anspruch; be-
sondere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Strafverfolgung
bestehen für diesen Fall nicht.
Die deutsche Gesetzgebung hat sich von der Unklarheit frei-
gehalten, deren sich z. B. der Code d’instruction in seinem Art. 7°)
schuldig macht. In diesem wird bestimmt, dass der Ausländer
wegen gewisser im Ausland begangener Verbrechen verfolgt wer-
den kann (pourra ötre poursuivi), wenn er in Frankreich verhaftet
oder seine Auslieferung erlangt ist. Der wissenschaftlichen Be-
trachtung sollte doch aber füglich nicht entgehen, einmal, dass
hier materiellrechtliches und processualisches vermischt wird, so-
9 In der durch das Gesetz vom 27. Juni 1866 abgeänderten Fassung.
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