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„In keinem Fall darf ein Zeuge, welcher in Folge der in
dem einen Lande an ihn ergangenen Vorladung freiwillig vor
den Richtern des anderen Landes erscheint, daselbst wegen
früherer strafbarer Handlungen oder Verurtheilungen oder unter
dem Vorwand der Mitschuld an den Handlungen, welche den
Gegenstand der Untersuchung bilden, worin er als Zeuge er-
scheinen soll, zur Untersuchung gezogen oder in Haft genom-
men werden. Hierbei kommt es auf die Staatsangehörigkeit
des Zeugen nicht an.“
Während das Verhältniss der im Bisherigen aufgeführten Per-
sonen allen deutschen Gerichten gegenüber gleich ist, gilt etwas
anderes von den bei einem Bundesstaat beglaubigten Diplomaten.
Diese sind nach G.-V.-G. 8 18, Abs. 2 nur der Gerichtsgewalt dieses
Bundesstaates entzogen, somit derjenigen des Reichs und derjenigen
der anderen Bundesstaaten unterworfen.
Bei der in dem deutsehen Reich bestehenden Organisation
der Strafrechtspflege führt dies nun aber zu der Consequenz, dass
diese Personen materiellrechtlich nur bezüglich derjenigen Hand-
lungen eximirt sind, welche durch Particulargesetz des Bundes-
staats mit Strafe bedroht sind, bei welchem sie beglaubigt sind.
Beginge z. B. der russische Gesandte in Württemberg eine hoch-
verrätherische Handlung gegen das deutsche Reich, so könnte das
Reichsgericht gegen ihn einschreiten; denn der Staatsgewalt des
Reiches ist er weder materiell noch processualisch entzogen. Be-
ginge er aber eine andere durch Reichsgesetz bedrohte Handlung,
so käme der — principiell dem Reich zustehende -— strafrecht-
liche Anspruch in jedem Fall zur Entstehung. Derselbe könnte
auch klagweise geltend gemacht werden, wenn nach Massgabe der
Str.-P.-O. ein Gerichtsstand vor einem nicht württembergischen
Gericht begründet ist, also z. B. der der begangenen That oder
der des Zusammenhanges. Ein Theilnehmer an dem Verbrechen
hat etwa seinen Wohnsitz in Karlsruhe. Wären ausschliesslich
württembergische Gerichte zuständig, so ist für die Dauer seiner